PIERRE PAUL PLAN, Jacques Callot,
Maitre-Graveur (1593—1635). Suivi d'un
Catalogue Raisonne et accompagne de la
Reproduction de 282 de ses Estampes et
de deux Portraits. Brüssel, G. van Oest
& Cie.
In dem rühmlichst bekannten Brüsseler Verlage
beginnt soeben in Subskription ein neues Werk
über den lothringischen Malerradierer aus Nancy
von P. P. Plan zu erscheinen.
Es sollen fünf Lieferungen herauskommen, von
denen jede ca. 16—24 Seiten Text und 20 Tafeln
mit rund 55 Abbildungen enthalten soll. Im
Ganzen wird uns so die Reproduktion von fast
einem Drittel des Oeuvre Callots in Aussicht gestellt.
Ein kritischer Katalog mit bündiger Angabe der
Plattenzustände in Ergänzung zu „Meaume" soll
folgen. —
Die vorliegende erste Lieferung führt uns
in Leben und Werk Callots bis zu dem Zeitpunkt
ein, da die Blätter zu den Belagerungen von La
Rochelle und Breda entstanden. Verfasser bringt
in breiter, streng historischer Darstellung alle Er-
eignisse und Daten, polemisiert teilweise gegen
frühere Autoren und spart nirgends mit Literatur-
angaben.
Verfasser wendet sich insbesondere gegen die
angeblich zu leichtgläubige Übernahme rein legen-
därer Erzählungen älterer französischer Schrift-
steller, die er aber, zum Teil im Auszug, gewissen-
haft mitteilt, wie z. B. jene Reise mit Zigeunern
nach Italien und jene bekannte Eifersuchtsszene
in Thomassins (Callots erstem Lehrer) Schlafge-
mach u. a.
Hierauf, wie im Einzelnen auf Text und Kata-
log wird später noch näher einzugehen sein, wenn
erst das vollständig vorliegende Werk eine Kritik
im Ganzen ermöglichen wird. Leider ist aus
dem Prospekt nicht ersichtlich, ob auch eine Wie-
dergabe einiger der schönsten Zeichnungen Callots
beabsichtigt ist. Auf alle Fälle aber dürften Fach-
leute wie Sammler der Fortsetzung des glänzend
ausgestatteten Werkes mit größtem Interesse ent-
gegensehen. Hermann Nasse.
LOUIS CORINTH, Das Leben Walter
Leistikows. Ein Stück Berliner Kultur-
geschichte. Paul Cassirer Verlag, Berlin.
Mit Walter Leistikow, dem Grunewaldmaler, starb
1908 nicht nur ein Künstler von Gottes Gnaden,
sondern gleichzeitig auch ein Mensch von nicht
alltäglichem Gepräge. Er war eine jener seltenen
Persönlichkeiten, die das Schicksal immer zur
rechten Stunde bereit hält, wenn die kulturelle Ent-
wicklung an einem kritischen Punkte angelangt
ist, um ihnen dann die Führerrolle anzuvertrauen.
Leistikows Mission war nicht gering und es ist
gut, daß wir durch Corinth von neuem daran er-
innert werden. Sein Leben war ein Kampf - — nicht
für seine Kunst, der das seltene Glück des Erfolges
früh zuteil geworden ist — sondern um den Fort-
schritt der Zeit und die Anerkennung jenes kleinen
Kreises, aus dem die Führer unserer Moderne her-
vorgegangen sind. Es war der Kampf, den die
künstlerische Freiheit gegen die reaktionärste
Kunstpolitik geführt hat, die ihrer Macht die vitalen
künstlerischen Interessen untertan machen wollte,
und die gerade in jenen Jahren am verhängnis-
vollsten hervortrat, als überall das junge positive
Deutschland mutig eine neue Bewegung einge-
leitet hatte, die auch heutigen Tages noch nicht
zum Abschluß gekommen ist. In Berlin bedeuteten
auf der einen Seite der Sieg des Naturalismus in
der Literatur der Neunziger Jahre, auf der anderen
die Begründung der Sezession Höhepunkte in dem
Kampf der widerstreitenden Kunstanschauungen.
Und wenn die Sezession überhaupt unmittelbar aus
der Initiative eines Einzelnen hervorgegangen ist,
dann aus derjenigen Walter Leistikows.
Dieser prachtvolle Mensch, den ein Rafaelschick-
sal vor der Zeit hinwegnahm, hat jenes Stück
Berliner Kulturgeschichte bestimmt, das den we-
sentlichen Inhalt der Corinthschen Monographie
ausmacht, die im letzten ein Buch persönlicher
Erinnerungen an den Verstorbenen darstellt, in
dem die Pietät identisch ist mit der Bewunderung
der Tatkraft und der seltenen Geistesgaben, die
Leistikow eigneten. Corinth verwebt hier das
Einzelschicksal mit der Geschichte jener kunst-
politischen Jahre, die für Berlin die folgenreichsten
und auch fruchtbringendsten der ganzen neueren
Entwicklung gewesen sind. Und so wächst sich
seine Arbeit zu einem kulturhistorischen Dokument
aus, das für unsere Zeit doppelt reizvoll ist. Ein-
mal, weil es die erste sachliche Darstellung all
jener Vorgänge und Momente gibt, die wir selbst
im journalistischen Streit der Tagesmeinungen mit-
erlebt haben, dann aber, weil es nicht minder auch
jene Persönlichkeit zu ihrem Rechte kommen läßt,
die die eigentliche Seele der ganzen Bewegung
war. In welchem Maße dies in der Tat der Fall
war, das haben doch nur die Wenigen gewußt,
die mit Leistikow Schulter an Schulter in der vor-
dersten Reihe kämpften. Daß es aber dem
Schriftsteller Corinth gelungen ist, in diesem Sinne
eine geschlossene Arbeit zu geben, ist bei dem
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Maitre-Graveur (1593—1635). Suivi d'un
Catalogue Raisonne et accompagne de la
Reproduction de 282 de ses Estampes et
de deux Portraits. Brüssel, G. van Oest
& Cie.
In dem rühmlichst bekannten Brüsseler Verlage
beginnt soeben in Subskription ein neues Werk
über den lothringischen Malerradierer aus Nancy
von P. P. Plan zu erscheinen.
Es sollen fünf Lieferungen herauskommen, von
denen jede ca. 16—24 Seiten Text und 20 Tafeln
mit rund 55 Abbildungen enthalten soll. Im
Ganzen wird uns so die Reproduktion von fast
einem Drittel des Oeuvre Callots in Aussicht gestellt.
Ein kritischer Katalog mit bündiger Angabe der
Plattenzustände in Ergänzung zu „Meaume" soll
folgen. —
Die vorliegende erste Lieferung führt uns
in Leben und Werk Callots bis zu dem Zeitpunkt
ein, da die Blätter zu den Belagerungen von La
Rochelle und Breda entstanden. Verfasser bringt
in breiter, streng historischer Darstellung alle Er-
eignisse und Daten, polemisiert teilweise gegen
frühere Autoren und spart nirgends mit Literatur-
angaben.
Verfasser wendet sich insbesondere gegen die
angeblich zu leichtgläubige Übernahme rein legen-
därer Erzählungen älterer französischer Schrift-
steller, die er aber, zum Teil im Auszug, gewissen-
haft mitteilt, wie z. B. jene Reise mit Zigeunern
nach Italien und jene bekannte Eifersuchtsszene
in Thomassins (Callots erstem Lehrer) Schlafge-
mach u. a.
Hierauf, wie im Einzelnen auf Text und Kata-
log wird später noch näher einzugehen sein, wenn
erst das vollständig vorliegende Werk eine Kritik
im Ganzen ermöglichen wird. Leider ist aus
dem Prospekt nicht ersichtlich, ob auch eine Wie-
dergabe einiger der schönsten Zeichnungen Callots
beabsichtigt ist. Auf alle Fälle aber dürften Fach-
leute wie Sammler der Fortsetzung des glänzend
ausgestatteten Werkes mit größtem Interesse ent-
gegensehen. Hermann Nasse.
LOUIS CORINTH, Das Leben Walter
Leistikows. Ein Stück Berliner Kultur-
geschichte. Paul Cassirer Verlag, Berlin.
Mit Walter Leistikow, dem Grunewaldmaler, starb
1908 nicht nur ein Künstler von Gottes Gnaden,
sondern gleichzeitig auch ein Mensch von nicht
alltäglichem Gepräge. Er war eine jener seltenen
Persönlichkeiten, die das Schicksal immer zur
rechten Stunde bereit hält, wenn die kulturelle Ent-
wicklung an einem kritischen Punkte angelangt
ist, um ihnen dann die Führerrolle anzuvertrauen.
Leistikows Mission war nicht gering und es ist
gut, daß wir durch Corinth von neuem daran er-
innert werden. Sein Leben war ein Kampf - — nicht
für seine Kunst, der das seltene Glück des Erfolges
früh zuteil geworden ist — sondern um den Fort-
schritt der Zeit und die Anerkennung jenes kleinen
Kreises, aus dem die Führer unserer Moderne her-
vorgegangen sind. Es war der Kampf, den die
künstlerische Freiheit gegen die reaktionärste
Kunstpolitik geführt hat, die ihrer Macht die vitalen
künstlerischen Interessen untertan machen wollte,
und die gerade in jenen Jahren am verhängnis-
vollsten hervortrat, als überall das junge positive
Deutschland mutig eine neue Bewegung einge-
leitet hatte, die auch heutigen Tages noch nicht
zum Abschluß gekommen ist. In Berlin bedeuteten
auf der einen Seite der Sieg des Naturalismus in
der Literatur der Neunziger Jahre, auf der anderen
die Begründung der Sezession Höhepunkte in dem
Kampf der widerstreitenden Kunstanschauungen.
Und wenn die Sezession überhaupt unmittelbar aus
der Initiative eines Einzelnen hervorgegangen ist,
dann aus derjenigen Walter Leistikows.
Dieser prachtvolle Mensch, den ein Rafaelschick-
sal vor der Zeit hinwegnahm, hat jenes Stück
Berliner Kulturgeschichte bestimmt, das den we-
sentlichen Inhalt der Corinthschen Monographie
ausmacht, die im letzten ein Buch persönlicher
Erinnerungen an den Verstorbenen darstellt, in
dem die Pietät identisch ist mit der Bewunderung
der Tatkraft und der seltenen Geistesgaben, die
Leistikow eigneten. Corinth verwebt hier das
Einzelschicksal mit der Geschichte jener kunst-
politischen Jahre, die für Berlin die folgenreichsten
und auch fruchtbringendsten der ganzen neueren
Entwicklung gewesen sind. Und so wächst sich
seine Arbeit zu einem kulturhistorischen Dokument
aus, das für unsere Zeit doppelt reizvoll ist. Ein-
mal, weil es die erste sachliche Darstellung all
jener Vorgänge und Momente gibt, die wir selbst
im journalistischen Streit der Tagesmeinungen mit-
erlebt haben, dann aber, weil es nicht minder auch
jene Persönlichkeit zu ihrem Rechte kommen läßt,
die die eigentliche Seele der ganzen Bewegung
war. In welchem Maße dies in der Tat der Fall
war, das haben doch nur die Wenigen gewußt,
die mit Leistikow Schulter an Schulter in der vor-
dersten Reihe kämpften. Daß es aber dem
Schriftsteller Corinth gelungen ist, in diesem Sinne
eine geschlossene Arbeit zu geben, ist bei dem
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