den Reichersberger Stiftergrabstein, sondern das Denkmal für Bischof Albrecht als
letzten Ausgangspunkt nehmen. Ob das Denkmal für Mauerkircher direkt auf diesem
Wege liegt oder dem gemeinsamen Ursprung noch sehr nahe auf einer anderen
Entwicklungslinie, wage ich mit Sicherheit nicht zu entscheiden. Es ist das aber
auch, solange wir uns noch um die elementaren Grundlagen einer Geschichte der
bayerischen Plastik bemühen, eine Frage von untergeordneter Bedeutung.
Ein anderes Werk, das Halm gleichfalls dem Valkenauer zuweist '), scheint mir
ebenso auf Nikolaus Lerch zurückzugehen. Es ist das köstliche Epitaph für den
1478 gestorbenen Marx von Nußdorff und seine Gattin Spornella von Seeben. Über
deren verwandtschaftliche Beziehungen zu Bischof Ulrich von Nußdorff wissen
wir nichts Genaueres, da wir dessen Herkunft nicht kennen, aber wir wissen,
daß Marx bei der Entgegennahme des Huldigungseides der Passauer Bürgerschaft
im Gefolge Ulrichs weilte, daß dieser ferner den Bruder der Spornella Oswald von
Seeben zu Reiffenstein, dessen Grabstein den Glanzpunkt im Neustifter Kreuzgang
bildet, in einem Briefe seinen Schwager nennt. Die beiden Nußdorffer werden
danach Brüder gewesen sein, jedenfalls standen sie in nahen persönlichen Be-
ziehungen zueinander, und der eine könnte sich recht gut seinen Grabstein bei
einem in den Diensten des anderen stehenden Meister haben fertigen lassen.
Das Epitaph zeigt das Stifterehepaar vor ihren Wappen zu beiden Seiten der
Madonna mit dem Christkind knieend. Die Mutter Gottes ergreift liebevoll die
gefalteten Hände des Ritters, dem ein Spruchband die Worte „Maria hilf uns"
in den Mund legt; die Frau mit dem Spruchband „Jesus mein Gott" liebkost
den göttlichen Knaben. Eine solch innige Verbindung von Stifterfiguren mit dem
Gegenstand ihrer Anbetung steht in der bayerischen Kunst völlig einzig da, wenn
ich mich nicht sehr täusche, ist zudem dieses Denkmal das erste Marienepitaph
auf bayerischem Boden. Die schlanken Proportionen der Madonna lassen es denn
auch zweifelhaft erscheinen, ob das Stück überhaupt bayerischen Ursprungs ist.
Daß es zu dem Salzburger Kunstkreis, in den man es nach Material und Standort
zunächst weisen möchte, gehört, ist bei der notorischen Verknöcherung der dortigen
figürlichen Plastik gänzlich ausgeschlossen. Auch aus der Stilisierung der Wappen
geht dies mit Sicherheit hervor. So sehr die figürliche Plastik in Salzburg damals
im Argen liegt, so hoch ist die heraldisch - ornamentale Grabmalskunst dort
entwickelt. Zahlreiche vorzügliche Wappengrabsteine geben davon Zeugnis. Seit
Mitte des Jahrhunderts nun nehmen die Wappenhelme in Salzburg eine ganz
bestimmte charakteristische Form an, die ausschließlich dort, dort aber auch aus-
nahmslos verwendet wird. Der Brustlatz wird bogenförmig begrenzt, während
er andererorts einen mehr oder weniger spitzen Winkel bildet, die Spangen
gehen vom Augenschlitz wie Raubtierzähne steil in die Höhe und biegen erst
über dem oberen Rande hakenförmig zu diesem herum, überall sonst verläuft die
Biegung mit nahezu wagrechter Achse ganz gleichmäßig halbkreisförmig oder
elliptisch von einem Rand zum andern. In den Salzburger Helmdecken tritt weiter
ein Streben nach straffer deutlicher Linienführung zutage, das mit dem lustigen
Geflatter der Helmdecken auf dem Nußdorffer Stein im stärksten Widerspruch steht'2).
(1) Halm, a. a. O., S. I72ff.
(2) Ein ganz charakteristisches Beispiel, das alle der Salzburger Wappenkunst der siebziger Jahre eigen-
tümlichen Züge deutlich erkennen läßt, ist der häufig (z. B. in der Kunsttopographie des Herzogtums
Kärnten, Tafel zu S. 49) abgebildete Grabstein des Erhart Überacker in Friesach in Kärnten. Eingehend
komme ich auf diese Fragen in einem demnächst in „Kunst und Kunsthandwerk" erscheinenden Auf-
satz über den Meister dieses Denkmals zu sprechen.
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letzten Ausgangspunkt nehmen. Ob das Denkmal für Mauerkircher direkt auf diesem
Wege liegt oder dem gemeinsamen Ursprung noch sehr nahe auf einer anderen
Entwicklungslinie, wage ich mit Sicherheit nicht zu entscheiden. Es ist das aber
auch, solange wir uns noch um die elementaren Grundlagen einer Geschichte der
bayerischen Plastik bemühen, eine Frage von untergeordneter Bedeutung.
Ein anderes Werk, das Halm gleichfalls dem Valkenauer zuweist '), scheint mir
ebenso auf Nikolaus Lerch zurückzugehen. Es ist das köstliche Epitaph für den
1478 gestorbenen Marx von Nußdorff und seine Gattin Spornella von Seeben. Über
deren verwandtschaftliche Beziehungen zu Bischof Ulrich von Nußdorff wissen
wir nichts Genaueres, da wir dessen Herkunft nicht kennen, aber wir wissen,
daß Marx bei der Entgegennahme des Huldigungseides der Passauer Bürgerschaft
im Gefolge Ulrichs weilte, daß dieser ferner den Bruder der Spornella Oswald von
Seeben zu Reiffenstein, dessen Grabstein den Glanzpunkt im Neustifter Kreuzgang
bildet, in einem Briefe seinen Schwager nennt. Die beiden Nußdorffer werden
danach Brüder gewesen sein, jedenfalls standen sie in nahen persönlichen Be-
ziehungen zueinander, und der eine könnte sich recht gut seinen Grabstein bei
einem in den Diensten des anderen stehenden Meister haben fertigen lassen.
Das Epitaph zeigt das Stifterehepaar vor ihren Wappen zu beiden Seiten der
Madonna mit dem Christkind knieend. Die Mutter Gottes ergreift liebevoll die
gefalteten Hände des Ritters, dem ein Spruchband die Worte „Maria hilf uns"
in den Mund legt; die Frau mit dem Spruchband „Jesus mein Gott" liebkost
den göttlichen Knaben. Eine solch innige Verbindung von Stifterfiguren mit dem
Gegenstand ihrer Anbetung steht in der bayerischen Kunst völlig einzig da, wenn
ich mich nicht sehr täusche, ist zudem dieses Denkmal das erste Marienepitaph
auf bayerischem Boden. Die schlanken Proportionen der Madonna lassen es denn
auch zweifelhaft erscheinen, ob das Stück überhaupt bayerischen Ursprungs ist.
Daß es zu dem Salzburger Kunstkreis, in den man es nach Material und Standort
zunächst weisen möchte, gehört, ist bei der notorischen Verknöcherung der dortigen
figürlichen Plastik gänzlich ausgeschlossen. Auch aus der Stilisierung der Wappen
geht dies mit Sicherheit hervor. So sehr die figürliche Plastik in Salzburg damals
im Argen liegt, so hoch ist die heraldisch - ornamentale Grabmalskunst dort
entwickelt. Zahlreiche vorzügliche Wappengrabsteine geben davon Zeugnis. Seit
Mitte des Jahrhunderts nun nehmen die Wappenhelme in Salzburg eine ganz
bestimmte charakteristische Form an, die ausschließlich dort, dort aber auch aus-
nahmslos verwendet wird. Der Brustlatz wird bogenförmig begrenzt, während
er andererorts einen mehr oder weniger spitzen Winkel bildet, die Spangen
gehen vom Augenschlitz wie Raubtierzähne steil in die Höhe und biegen erst
über dem oberen Rande hakenförmig zu diesem herum, überall sonst verläuft die
Biegung mit nahezu wagrechter Achse ganz gleichmäßig halbkreisförmig oder
elliptisch von einem Rand zum andern. In den Salzburger Helmdecken tritt weiter
ein Streben nach straffer deutlicher Linienführung zutage, das mit dem lustigen
Geflatter der Helmdecken auf dem Nußdorffer Stein im stärksten Widerspruch steht'2).
(1) Halm, a. a. O., S. I72ff.
(2) Ein ganz charakteristisches Beispiel, das alle der Salzburger Wappenkunst der siebziger Jahre eigen-
tümlichen Züge deutlich erkennen läßt, ist der häufig (z. B. in der Kunsttopographie des Herzogtums
Kärnten, Tafel zu S. 49) abgebildete Grabstein des Erhart Überacker in Friesach in Kärnten. Eingehend
komme ich auf diese Fragen in einem demnächst in „Kunst und Kunsthandwerk" erscheinenden Auf-
satz über den Meister dieses Denkmals zu sprechen.
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