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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 4.1911

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Zunächst ist sehr zu bedauern, daß man zwei Oktav-
bändchen herausgegeben hat, statt eines einzelnen
Bandes im Original - Folioformat der ersten zehn
Mappen. Es gibt nichts so störendes bei einer
Serienpublikation wie ein Wechseln im Format.
Beide Bändchen hätten recht gut zu einem, wenn
auch schmalen Schlußband hingereicht, und wollte
man nicht bei dem Prinzip der Mappe, die man
zubinden muß, bleiben, weil es sich u. a. um ein
Nachschlagebuch (einen Index) handelt, so hätte
man ja ruhig diesen Schlußband fest binden können.
Unter allen Umständen aber hätte man am Original-
format festhalten sollen.
The Dürer-Society, die ganz zu Anfang nur mit
Ablegern aus der Reichsdruckerei arbeitete, und
erst nur Rücksichten auf ein englisches Publikum,
dem die guten festländischen Veröffentlichungen
nicht zugänglich waren, nahm, ist bekanntlich mit
der Zeit zu internationaler Bedeutung gelangt. In
den späteren Jahresveröffentlichungen sind zahl-
reiche Dinge zum ersten Male hier an das Licht
des Tages getreten, und dank besonders der Tätig-
keit von Dodgson und Peartree, haben die Dürer-
Societymappen auch eine anerkennenswerte Rolle
in der gesamten Dürerforschung gespielt. Es ist
schade, daß nun die Gesellschaft, gerade da sie sich
sozusagen eine bedeutsame Stellung errungen hat,
eingehen muß. Aber es scheint, wie anderswo
auch, nicht nur an Interessenten für die ernste
wissenschaftliche Arbeit zu fehlen, sondern auch
an Kräften, die sich gern einer solchen Tätigkeit
hingeben. Das Feld jedenfalls ist noch lange nicht
bestellt; man hat eigentlich kaum damit begonnen.
Schon längst wenden sich die Texte in den Dürer-
Societymappen ebensosehr dem Studium derPseudo-
Dürerholzschnitte — den Bartsch - Appendix- und
Passavantnummern — zu, als den wirklich eigen-
händigen Werken. Auf diesem Gebiet brachten
die Dürer-Societybeiträge manche Aufklärung: ins-
gesamt sind aber noch sehr viele Fragen zu lösen.
Das neue Inhaltsverzeichnis ist ausgezeichnet,
wie nicht anders von englischen Arbeitern zu er-
warten war, die ja von jeher in der Abfassung von
Indices für die übrige Welt vorbildlich gewesen
sind. Es enthält überdies noch eine große Anzahl
von Notizen und Berichtigungen, die für den Be-
nutzer der ersten zehn Bände unerläßlich sind.
Denn leider zeigt es sich wieder einmal, daß das
Wissen der Fachwelt auf schwankenden Füßen
steht, und gar manche in den früheren Bänden
steif und fest behauptete Zuschreibungen müssen
heute, nach verhältnismäßig kurzer Zeit, widerrufen
werden.
Der letzte Band enthält beiläufig 25 meist unver-

öffentlichte Zeichnungen, von denen aber eigent-
lich nur eine, eine hl. Katharina in der National-
galerie zu Dublin, important ist. Freilich scheint
mir die Zuschreibung auch in diesem Falle eine
sehr zweifelhafte zu sein. Nicht nur die Hände
(und zwar beide, nicht nur eine wie der Text meint)
sind unglaublich schlecht, auch Kopf und Büste
verraten m. E. nicht so viel vom Knochengerüst
wie das bei Dürer der Fall ist, und der zarte, wenn
nicht gar süßliche Ausdruck, sowie die unbe-
stimmte, flaue Haltung der Figur können einem
Bedenken einflößen.
Die Mehrzahl der übrigen Skizzen und Texte
entstammen den Manuskriptbänden des British-
Museums. Im Text selbst wird hervorgehoben,
daß sich diese Bände nicht mit dem Dresdener
entfernt messen können, was die Bedeutung der
eingestreuten Zeichnungen anlangt. Immerhin sind
die Londoner Skizzen nicht recht zugänglich und
somit so gut wie unbekannt. Daher können wir
dem Herausgeber nur aufrichtig danken, daß er
alle diejenigen, die mehr als ein rein wissenschaft-
liches Interesse beanspruchen, uns hier vereint hat
reproduzieren lassen. Hans W. Singer.
ARTUR WEESE, Die Cäsar-Teppiche
im Historischen Museum zu Bern.
Herausgegeben vom Verein zur Förderung
des Museums. Mit vier farbigen Tafeln.
A. Francke, Bern 20—.
Nachdem in allen Ländern die berühmtesten
Werke der Teppichkunst durch kunsthistorische
Studien und vorzügliche Reproduktionen der Wissen-
schaft zugänglich gemacht worden sind, war es
notwendig, daß auch die berühmten Cäsarteppiche
des Berner Museums in die internationale Forschung
eingeführt wurden. Es verdient hohe Anerkennung,
daß der Berner Verein zur Förderung des Museums
den Berner Professor der Kunstgeschichte, Artur
Weese, mit dieser Aufgabe betraute. Das poly-
graphische Institut in Zürich hat die erstaunlich
gut erhaltenen Teppiche in vollendetem Vierfarben-
druck reproduziert. Früher wurden die Cäsarteppiche
verschiedentlich Roger van der Weyden zuge-
sprochen. Weese weist die Unhaltbarkeit dieser
Theorie nach, indem er darlegt, daß der Stil der
Tafelmalerei in seinen Absichten und Bedingungen
anders geartet ist als die Teppichweberei, so daß
schon dem Zeichner der Teppiche eine eigene
Schulung, die er in den Ateliers der Altarmalerei
nicht finden konnte, zuteil werden mußte. Aus
dem bis jetzt vorliegenden Material konnte Weese
den Meister der Cäsarteppiche nicht feststellen.

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