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Münchener Punsch: humoristisches Originalblatt — 1.1848

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https://doi.org/10.11588/diglit.20259#0082

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Der Parlamentsbanchre-ner

oder

Geisterfiimmen aus bem Mlafonb der Paulskirche.

Robert Blum, der bekannte Volksmann, wer sollte es
glauben — war zehn Jatzre lang Theatercassier in Letpzig!
Jetzt zahlt er die Conservativen ans, und früher die Comödian-
ten! Der Sprung war nicht so groß!

Ein Theatercaffier kam alsoindieKammer! Mehrere De-
butantinnen versicherten mich, das wäre keine so besondere Seltenheit!

Jn Frankfurt will Alles Eintritt in die Nationalversammlung.
Jch schickte Jemand zu Robert Blum, mit dem Bemerken, derselbe
habe schon sehr vielen Leuten Billeten auf die Gallerie gegeben!

Wenn allenfalls im Parlament die Sprache auf dramatische
Dichter fällt, wird Robert Blum hoffentlich das Seine thun, dcnn
als Theater-Caffier muß er wiffen, wie schlecht es um die Tantie-
men steht!

Raveaur, ein nicht minder bekanntes Mitglied des Parla-
ments, ist — Tabakshändler! Seine Reden sind auch wirklich sehr
gebeitzt, und was er liefert, das ist dem Centrum gleich zustark!

Bei Raveaur ist nicht blos Tabak sondern auch Feuer zu fin-
den, und er ist schuld, wenn die Ministeriellen gleich zu dampfen
anfangen. Sein letztes Product wird vielen Regierungen in die
Nase steigen!

Viele Leute sagen, die Paulskirche sep »icht akustisch gebaut,
weil man so wenig h öre. Ohne der Akustik dieses Gebäudes nahe
zu treten, muß ich selbst gestehen, daß ich in dem Parlament eigent-
lich noch sehr wenig gehört habe! — Biele Herren von der
Rechten oder conservativen Seite beklagen sich, daß sie nichts
verstehen! — Fatal!

— Der unruhigste im gauzen Parlament ist Herr Eisenmann.
Er bewegt fich in cincm fort hin und her, wie Quecksilber. Natür-
lich, wenn man 15 Jahre lang gesessen ist!

— Der Ausschuß für das Verfassungswerk ist beisammen. Wir
hoffen, daß das Verfassungswerk dcnnoch keine Ausschuß- Waare
wird!

— Der fruhere Predigstuhl der Paulskirche ist jetzt Redner-
bühne. Das sollten sich viele Herren merken, die in ihrer Zer-
streutheit glauben, er sep noch immer Predigstuhl.

— Franksurt ist jetzt das Jerusalem der Teutschen. Der Bau des
Bundcs-Palais umschließt die Plätze, wo die Freiheit Blut geschwitzt
hat, und wo sie begraben wurde. Das Vorparlament hat den Stein
vom Grabe hinweggewalzt und der Fünszigerausschuß suchte dann
den Leichnam. Jm dritten Jahrzehend aber niar der Morgen angebro-
chen, wo die Freiheit auferstand , und die Paulskirche ist der Auf-
erstehungsort, wohin die politischen Pilger wallen.

Druck der I. Deschler'schen Officin.
 
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