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sein. Bei Herbolzheim, 8 km nördlich von Riegel, hat man neuerdings in einer Kiesgrube
flavische Keramik entdeckt, darunter einen Sigillataboden mit dem Stempel des süd-
gallischen Töpfers Macer, der nach dem sonstigen Vorkommen seiner Ware in die Zeit
Neros und Vespasians gesetzt wird. Die Niederlassung, aus der dieses Stück stammt,
wird von Straßburg her angelegt worden sein. Aber auch im Süden der Rheinebene, wo
insbesondere Haltingen, 6 km nordnordöstlich von Basel, als Römerstätte durch Funde der
frühflavischen (nicht, wie behauptet worden ist, der claudischen) Zeit schon länger bekannt
ist, haben sich neuerdings weitere Spuren römischer Besiedlung gezeigt. Bei dem am Fuß
des Schwarzwaldes nur 3 km von Augst, aber eben durch den Strom von der großen römi-
schen Kolonie getrennt gelegenen Dorf Herten ist man vor kurzem bei der Öffnung von
Gräbern eines großen alamannischen Friedhofes auf charakteristische römische Sigillata,
wieder der frühen Flavierzeit, gestoßen. Die Funde müssen aus einer in der Nähe gelegenen,
noch unentdeckten römischen Ansiedlung stammen. Es werden Bürger von Augst ge-
wesen sein, die nunmehr über den Rhein hinweg in das fruchtbare badische Oberland
Übergriffen.
Bald nach dem Jahre 74 wird auch die römische Besiedlung von Badenweiler erfolgt
sein, und zwar am wahrscheinlichsten eben von Augst aus, der bei weitem bedeutendsten
und vornehmsten Römerstadt des ganzen dafür in Betracht kommenden Landes. Die
Colonia Raurica hatte sich nach ihrer Gründung und namentlich nach der Erneuerung
durch Augustus rasch zu einer der ersten Römerstädte nördlich der Alpen entwickelt.
Das beweisen die großartigen Ruinen und die durch Ausgrabungen festgestellten öffent-
lichen Gebäude, der schon in der augusteischen Zeit entstandene erste Theaterbau, dessen
Zuschauerraum vielen Tausenden Platz bot, die Tempel, die beiden ausgedehnten Markt-
anlagen, die stattliche Basilica mit ihrem 49 m langen Mittelschiff, die ganze großzügig
entworfene Stadtanlage. Schon im Gebirge, wo die Dea Abnoba herrschte, gelegen, hatte
Badenweiler landwirtschaftlich nur geringen und militärisch für die Römer gar keinen
Wert. Nur die Thermalwasserquelle kann die Römer angezogen haben, sich an dieser
Stelle niederzulassen, und von vorneherein muß dabei auf Besucher aus der näheren und
weiteren Umgebung gerechnet worden sein. Für Vindonissa hatte wegen der viel näher
gelegenen Thermalquellen von Baden an der Limmat Badenweiler kaum Bedeutung, und
die Entwicklung des römischen Basel, das als Oppidum der untertänigen Rauriker hinter
der Bürgerkolonie Augusta weit zurückstand, gehört erst einer späteren Periode an. Aber
die Erbauer des Bades werden, auch wenn sie von Augst her gekommen waren, auf Zuzug
von Ansiedlern und Besuchern aus dem ganzen dicht bevölkerten Land auf der anderen
Seite des Rheines gerechnet haben. Außer Augusta selbst und Basilia lag hier eine größere
Anzahl ansehnlicher Städte, Larga, Epamanduodurum und namentlich Vesontio im
Sequanerland, ferner Cambete (Kembs) unterhalb Basilias am Rheinufer, Argentovaria
in der Gegend von Colmar und Argentoratum-Straßburg. Sie waren alle unter sich und
mit den Rheinübergängen bei Kembs und Breisach durch Straßen verbunden, auch nicht
zu abgelegen, als daß ihre Bewohner Badenweiler nicht in ein oder zwei leichten Tages-
reisen hätten erreichen können.
Nach dem Jahre 74 war das südliche Baden mehr als ein Jahrhundert lang von kriege-
rischer Beunruhigung verschont. Wenn unser Badgebäude, wie man annehmen darf,
noch in flavischer Zeit erbaut worden ist, so bleibt für die verschiedenen Umbauten und
Erweiterungen ausreichend Zeit während der Regierungen des Traian, Hadrian und Anto-
ninus Pius. Freilich innerhalb dieses Zeitraumes lassen sich die verschiedenen Bauperioden
nicht verteilen. Die Blüte des römischen Badenweiler kann nur dieser Zeit, der ersten
Hälfte und der Mitte des 2. Jahrhunderts, angehört haben. Denn schon 162, in dem Jahre
nach dem Tode des Antoninus Pius, beginnt mit einem Angriff auf Rätien das Drängen
der Germanen gegen die römische Reichsgrenze. Waren es zunächst auch besonders die

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