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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Hrsg.]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 48.1927

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Behn, Friedrich: Ottonische Turmburgen im Mittelrheingebiet
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https://doi.org/10.11588/diglit.61602#0038
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Ottonische Turmburgen im Mittelrheingebiet.

ganges. Eine lange Brücke führt unmittelbar in die Umfassung, innen steht
ein steinerner Turm. Sehr drastische Darstellungen dieses sehr eigenartigen
Festungstypes enthält die Bilderchronik des Teppichs von Bayeux (11. Jahrh.),
der unsere Abb. 4 entnommen ist (aus Behn, Prähist. Zeitschr. XI/XII 1919/20
S. 116, Abb. 5.) Hier haben wir also, von örtlich bedingten Varianten abge-
sehen (Fehlen des Hügels, Steinmauer anstatt der Palisade) alle besonderen
Formen der Turmburg von Dreieichenhain, die wir danach der ottonischen Zeit,
etwa dem 10. bis 11. Jahrhundert zuweisen dürfen.
Die Bedeutung der Grabung am viereckigen Turm geht über das ortsge-
geschichtliche Interesse hinaus und liegt vor allem darin, dass nun zum ersten
Male auch südlich des Mains das Vorkommen eines Festungstypes nachgewiesen
ist, der in der burgenkundlichen Entwicklung ungewöhnlich fruchtbar werden

Abb. 4. Burg Dinant.


sollte. Mancherlei Anzeichen deuten darauf hin, dass Drei eich en hain nicht der
einzige Vertreter in diesem Gebiete ist. Damit schliesst sich eine Lücke in
der Befestigungsgeschichte unseres Landes. Vom 12. Jahrhundert ab zogen
die Ritter aus mancherlei Gründen, die hier nicht zur Erörterung stehen können,
aus ihren kleinen Tieflandsburgen in hochgelegene Bergfesten: Die Herren von
Hagen aus Dreieichenhain nach Münzenberg in Oberhessen, die von Cronberg
aus Eschborn nach Cronberg im Taunus, die von Bickenbach vom Weilerhügel
an der Bergstrasse auf das „Alsbacher Schloss“ usw. Die Stammburgen zer-
fielen oder wurden von neuen Besitzern in gleicher Weise ausgebaut wie die
Gebirgsburgen. Einer älteren Stufe gehört das von W. Möller (Hess. Archiv
N. F. XIV 2, 1924, S. 119 ff.) beschriebene ßefestigungssystem im hessischen
Ried an, das wegen seiner nach Osten gerichteten Verteidigungsfront älter sein
muss als die Reichsteilung des Jahres 843. Der Weilerhügel ist mehrfach
um- und ausgebaut, der Wellberg (Schumacher, Handb. der Siedel.- und Kultur-
gesch. der Rheinl. III 1, S. 152, Abb. 38) dagegen, der immer noch seiner
systematischen Erforschung harrt, hat den reinen Typus einer „Turmschanze“
bewahrt. Zwischen diese und die romanischen Burgen des 12. Jahrhunderts
ist die älteste Festungsanlage von Dreieichenhain einzureihen.
 
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