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Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung [Editor]
Nassauische Annalen: Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung — 74.1963

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Kleine Beiträge

Frankfurt als karolingischer Markt
Von Wolfgang Hess
Eine der gewichtigsten Veränderungen im Wirtschaftsleben des Mittelrheingehiets
bedeutete zweifellos der rapide Aufstieg Frankfurts in der Stauferzeit, der die Ver-
lagerung der Schwerpunkte aus der erzbischöflichen Civitas gegenüber der Main-
mündung in die kaiserliche Messestadt zurFolge hatte1). Die eigentliche Stadtgeschichte
Frankfurts beginnt im 12. Jh. Indessen werfen die nach dem Kriege durchgeführten
Altstadtgrabungen, deren Ausbeute nunmehr in einem ersten Teil gedruckt vorliegt2),
erneut die Frage auf nach der wirtschaftlichen Funktion dieses Platzes in der vor-städti-
schen Zeit.
Frankfurt ist erstmals kurz vor der Mitte des 12. Jhs. als Markt sicher bezeugt. Ab 1142
wird es in den Schriftquellen oppidum genannt3). (Dem burgundischen Reisebegleiter
Bernhards von Clairvaux erschien es allerdings 1146 als viculus)4). Zwei interessante
Nachrichten aus der gleichen Zeit etwa überliefert die jüdische Responsenliteratur in
dem nach 1152 verfaßten Werk Eben-ha-Eser des Mainzer Rabbiners Elieser b. Nathan:
Juden, welche die Frankfurter Messe zu besuchen pflegten, fanden Unterkunft in Häusern
von Nichtjuden. Der anderen Textstelle zufolge lebten damals eine geringe Anzahl Juden
in Frankfurt, anscheinend in solchem Wohlstande, daß sie keiner Armenunterstützung be-
durften und deshalb auch keine Armenverwaltung hatten5).— Die vor 1170 einsetzende
Brakteatenprägung in der Wetterau und der Dreieich läßt dann bereits Frankfurt als
das überragende Zentrum dieser von dem alten Mainzer Währungsbereich abgespalte-
nen Wirtschaftslandschaft erkennen6).
Alter als diese Belege für Markt und Messen sind die ersten Nachrichten über den
Zoll. In dem bekannten Privileg König Heinrichs IV. für die Wormser von 1074 ist
unter den Orten, wo jenen der Zoll erlassen wurde, auch Frankfurt aufgeführt7). Man
wird zunächst — da die Wormser in dieser Urkunde als praetereuntes genannt werden
— nur an den kaiserlichen Passierzoll für Kaufleuteschiffe denken, dessen Fortbestehen
Friedrich Barbarossa i. J. 1157 ausdrücklich verfügte8). Auch die Befreiung des Klo-
sters Ilbenstadt vom Schiffszoll in Frankfurt durch Kaiser Lothar gehört in diesen Zu-
sammenhang9). — Jedoch ist die Zollfreiheit der Wormser (und auch der Kaufleute aus
anderen Städten wie Nürnberg und der Bamberger Altstadt), die bis zum Ende des
alten Reiches jährlich durch das „Pfeifergericht“ erneuert wurde, vor allem auf die
begünstigte Teilnahme an den Messen bezogen worden. Sie waren befreit „von den zum
1) H. Aubin, Mainz und Frankfurt, in: Hist. Vierteljahrsschr. 25 (1931) S. 529ff.
2) O. Stamm, Spätrömische und frühmittelalterliche Keramik der Altstadt Frankfurt a. M.
(Schriften d. Frankfurter Museums f. Vor- u. Frühgeschichte, Bd. I, 1962).
3) Z. B.: MG SS VI, S. 388 (Sigeb. Contin. Gemblacensis zu 1142). — Ottonis et Rahewini Gesta
Friderici SS rer. Germ, in usutn schol. ed. Waitz-Simson I, c. 45 S. 63 (zu 1147). — P. Jaffe,
Monumenta Gorbeiensia, Bibi. rer. Germ. I (1864) S. 312 (zu 1149). — 4) MG SS XXVI, S. 122.
5) J. Krakauer, Geschichte der Juden in Frankfurt a. M., Bd. 1 (1925) S. 2. — H. Tykocinski,
in: Germania Judaica I, 1 (Hrg. M. Brann u. H. Freimann, 1917) S. 104f.
°) W. Hävernick, Das ältere Münzwesen der Wetterau bis zum Ausgang d. 13. Jhs. (Veröff. d.
Hist. Komm. f. Hessen u. Waldeck XVIII, 1, 1936) S. Iff., 4ff., 19ff. — Noch im 1. Viertel des
12. Jhs. war die Wetterau ausschließliches Umlaufsgebiet von Mainzer Pfennigen (W. Hess,
Bericht über den Pfennigfund von Langenselbold, in: Hanauer Geschichtsbll. 17, 1960 S. 31).
’) MG DH IV Nr. 267.
8) MG Const. I n. 225. — J. F. Boehmer-F. Lau, Urkundenbuch der Reichsstadt Frankfurt, Bd. 1
(1901) Nr. 23.
“) Boehmer-Lau Nr. 20. — L. Glemm, Die Urkunden der Prämonstratenserstifter Ober- u. Nieder-
Ilbenstadt, in: Archiv f. hessische Geschichte u. Altertumskunde NF 14 (1925) Nr. 11—14.
Nass. Annalen, Bd. 74 13
 
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