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Unternehmungen, die zum Theil jetzt noch gedeihen, so die Anlegung des botanischen Gartens, die
Einrichtung eines Antikensaales, die Herausgabe von Neujahrsblättern nach zürcherischem Muster u. a. m.x)
In vielen Gesellschaften mit wissenschaftlichem oder gemeinnützigem Zweck war er sowohl als arbeitendes
wie als gesellig anregendes Mitglied sehr geschätzt und wenige Wissenszweige mögen von ihm nicht
wenigstens zeitweise gepflegt worden sein. Freilich kam er damit auch in eine Vielgeschäftigkeit ohne
Konzentration hinein, die keine selbständigen grössere Arbeiten zur Reife gelangen liess, und der
grosse literarische Nachlass Wagner’s, welcher sich in bernischem Privatbesitz befindet* 2), besteht fast
ganz aus Kollektaneen und Entwürfen zu nie vollendeten literarischen Unternehmungen 3). Merkwürdiger
Weise ist das auch der Fall mit seinen Original-Zeichnungen, deren er eine Menge hinterlassen hat,
wovon aber nur wenige sich in ganz ausgeführtem Zustande befinden. Meistens sind es angefangene
Ansichten bernischer Plätze, Gebäude, Brunnen, alter Burgen u. drgl., Pausen von Kostümbildern und
topographische Aufnahmen. Im Malerbuch der zürcherischen Künstlergesellschaft ist er nur mit zwei
unbedeutenden Skizzen vertreten und auch die Berner Sammlung besitzt nichts Namhaftes. Das Beste,
was uns zu Gesichte gekommen, ist die dem gegenwärtigen Blatte in Reproduction beigegebene Scene
aus dem Hirtenfest zu Unspunnen.
«Wagner’s Weltanschauung war», wie sein Biograph sagt und die Korrespondenz mit David Hess
ebenfalls erkennen lässt, «eine vorherrschend epikuräische, ungeachtet seiner, einer entsprechenden Lebens-
weise hinderlichen Armutli; überhaupt aber eine etwas lockere4)- Er war im Zeitalter aufgewachsen,
wo Voltaire und Rousseau die Geister beherrschten, auch findet das Christenthum in seinen Schriften
keine Stätte; im Gegentheil konnte er der Versuchung, über religiöse Dinge zu scherzen oder wohl
gar zu spotten, nicht immer wiederstehen ; doch war er frei von Streitsucht und Unduldsamkeit, also
wie man heute sagt, nicht «agressiv». Er blieb bis an sein Lebensende ganz der alte schalkhafte aber
gutmüthige und harmlose Mündi Wagner.» Dass ökonomische Sorgen sein Lebensende begleiteten und
ihm keine Freiheit mehr blieb, über seine Kunstsachen testirend zu Gunsten der öffentlichen Samm-
lungen zu verfügen, wie es seine wohlmeinende Absicht gewesen, mag der Leser aus den Andeutungen
der Korrespondenz entnehmen. Mehr darüber hier zu sagen, ist kaum nothwendig.
Wagner’s Bild, welches wir diesem Blatte vorgesetzt haben und dessen Original wir der Basler
Universitätsbibliothek verdanken, trägt natürlich den Charakter einer harmlosen Karrikatur. Es ist —
mit zwei andern, von denen wir jedoch nur das eine zu Gesicht bekommen haben, von einem gewissen
von Arx, einem begabten Studenten, gezeichnet, der von Wagner selbst zum Karrikaturenzeichner an-
geleitet worden war und damals mit gutem pekuniärem Erfolg sich so ziemlich an allen Parteien und
besonders an allen Originalfiguren rieb. Wagner soll es aber ganz besonders verdrossen haben, dass

*) Martin Usteri schrieb ihm am 30. März 1810: «Wenn die Künste in Bern nicht in schönsten Flor kommen, so
liegt die Schuld wahrlich nicht an Ihrem Eifer, diese Pflanze zu warten und zu pflegen, dass sie wachse und gedeihe
und zum kräftigen Baum werde. »
2) Der Gefälligkeit des gegenwärtigen Besitzers, Herrn C. L. Friedrich v. Fischer, welcher auch Wagner’s Lebens-
lauf in der Sammlung bernischer Biographien (herausgegeben vom Historischen Verein des Kantons Bern, Band 1,
S. 177—186) beschrieben hat, verdanken wir manche werthvolle Beiträge und Ergänzungen zur vorliegenden Arbeit.
3) Das vollständige Verzeichniss der kleinen von Wagner im Druck erschienenen Arbeiten findet sich am Schlüsse
seiner vorerwähnten Biographie mitgetheilt.
4) Manche hieran streifende Aeusserungen der Wagner’schen Briefe haben wir — mit den auch sonst geringeres
Interesse bietenden Partien der Korrespondenz — weggelassen. Hess ging nie auf diesen Ton ein und auf Wagner’s Seite
ist in den spätem Jahren doch auch ein ernsterer Zug wahrnehmbar.
 
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