Burgen des Hauses Baden
VON KONRAD KRIMM
Burgen erfuhren im 19. Jahrhundert eine vielfache Deutung. Sie galten als Symbole dyna-
stischer Tradition oder als Denkmäler vaterländischer Geschichte; zugleich konnten sie -
bei fürstlichen wie bei nichtfürstlichen Bauherren - zum Besinnungs- oder Rückzugsort
bestimmt sein. In der Neuschöpfung, aber auch in Um- und Ausbau läßt sich diese Sinn-
gebung ablesen, wobei die Motive jeweils verschieden gewichtet sein mochten. In der ba-
dischen Geschichte wird die Inszenierung historischer Stätten vor allem mit der Regie-
rungszeit Großherzogs Leopold (1830-1852) in Verbindung gebracht - und gewiß zu
Recht. Erster Regent der anerkannten, aber nicht ebenbürtigen Hochberger Linie, war
sein Bedürfnis nach Symbolen fürstlicher Legitimität besonders ausgeprägt. Zeugnisse hi-
storischer Kontinuität wurden umso wichtiger, je gefährdeter die dynastische wie die po-
litische Stabilität des junge Staatsgebildes schien.
Es wäre freilich zu einfach, die Vorliebe Leopolds für »vaterländische Denkmale« letzt-
lich nur auf das Kaspar-Hauser-Syndrom und die Verteidigung der Monarchie zurückzu-
führen. Die Rolle des fürstlichen Sammlers und Kunstliebhabers hat eigene, ältere Tradi-
tionen; Leopold sticht hier nur von seinen beiden Vorgängern ab, sorgte allerdings auch
selbst dafür, daß das Interesse seines Onkels Ludwig an Geschichtsstätten möglichst in
Vergessenheit geriet1. Und auch die Verwendung von Baudenkmälern zu aktuellen politi-
schen Zwecken hat Leopold nicht erfunden. Schon Markgraf Karl Friedrich hatte ent-
deckt, wie gut sich die Burg Zähringen als dynastisches Symbol deuten ließ2. Zumindest
ikonographisch war der ruinöse Bergfried zum ersten Mal wieder im Vorfeld der Vereini-
gung der beiden Markgrafschaften zu Ehren gekommen, und bei der napoleonischen
Neuordnung am Oberrhein spielte dann die etwas diffuse Erinnerung an das Herzogtum
Zähringen eine staatspropagandistische Rolle; der Zähringer Orden machte aus dem Turm
bei Freiburg ein Staatssymbol. Leopold konnte an diese Zähringer-Tradition anknüpfen,
1 Vgl. K. Krimm, Die Fürstenkapelle - ein Mausoleum der vaterländischen Geschichte, in: Faszi-
nation eines Klosters. 750 Jahre Zisterzienserinnenabtei Lichtenthal, hg. von H. Siebenmorgen, Sig-
maringen 1995, S. 148f.
2 Vgl. dazu und zum Folgenden H. Schwarzmaier, Die Markgrafen und Großherzögen von Ba-
den als Zähringer, in: K. Schmid (Hg.), Die Zähringer. Eine Tradition und ihre Erforschung, Sigma-
ringen 1986, S. 193-210; H. Schadek/K. Schmid (Hgg.), Die Zähringer. Anstoß und Wirkung, Sig-
maringen 1986, S. 356ff; D. Strack, Die historisierenden Wandbilder Schwinds im Treppenhaus der
Karlsruher Kunsthalle, in: Moritz von Schwind, Meister der Spätromantik. Ausstellungskatalog der
Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe 1996, S. 55-75. - Als Zusammenfassung des vorliegenden Beitrags
vgl. auch: K. Krimm, Die Großherzöge von Baden und die Entdeckung des Mittelalters, in: Badi-
sches Landesmuseum/Württembergisches Landesmuseum, Die Glasgemäldesammlung der
Großherzöge von Baden (Patrimonia 238), Karlsruhe 2003, S. 7-10.
VON KONRAD KRIMM
Burgen erfuhren im 19. Jahrhundert eine vielfache Deutung. Sie galten als Symbole dyna-
stischer Tradition oder als Denkmäler vaterländischer Geschichte; zugleich konnten sie -
bei fürstlichen wie bei nichtfürstlichen Bauherren - zum Besinnungs- oder Rückzugsort
bestimmt sein. In der Neuschöpfung, aber auch in Um- und Ausbau läßt sich diese Sinn-
gebung ablesen, wobei die Motive jeweils verschieden gewichtet sein mochten. In der ba-
dischen Geschichte wird die Inszenierung historischer Stätten vor allem mit der Regie-
rungszeit Großherzogs Leopold (1830-1852) in Verbindung gebracht - und gewiß zu
Recht. Erster Regent der anerkannten, aber nicht ebenbürtigen Hochberger Linie, war
sein Bedürfnis nach Symbolen fürstlicher Legitimität besonders ausgeprägt. Zeugnisse hi-
storischer Kontinuität wurden umso wichtiger, je gefährdeter die dynastische wie die po-
litische Stabilität des junge Staatsgebildes schien.
Es wäre freilich zu einfach, die Vorliebe Leopolds für »vaterländische Denkmale« letzt-
lich nur auf das Kaspar-Hauser-Syndrom und die Verteidigung der Monarchie zurückzu-
führen. Die Rolle des fürstlichen Sammlers und Kunstliebhabers hat eigene, ältere Tradi-
tionen; Leopold sticht hier nur von seinen beiden Vorgängern ab, sorgte allerdings auch
selbst dafür, daß das Interesse seines Onkels Ludwig an Geschichtsstätten möglichst in
Vergessenheit geriet1. Und auch die Verwendung von Baudenkmälern zu aktuellen politi-
schen Zwecken hat Leopold nicht erfunden. Schon Markgraf Karl Friedrich hatte ent-
deckt, wie gut sich die Burg Zähringen als dynastisches Symbol deuten ließ2. Zumindest
ikonographisch war der ruinöse Bergfried zum ersten Mal wieder im Vorfeld der Vereini-
gung der beiden Markgrafschaften zu Ehren gekommen, und bei der napoleonischen
Neuordnung am Oberrhein spielte dann die etwas diffuse Erinnerung an das Herzogtum
Zähringen eine staatspropagandistische Rolle; der Zähringer Orden machte aus dem Turm
bei Freiburg ein Staatssymbol. Leopold konnte an diese Zähringer-Tradition anknüpfen,
1 Vgl. K. Krimm, Die Fürstenkapelle - ein Mausoleum der vaterländischen Geschichte, in: Faszi-
nation eines Klosters. 750 Jahre Zisterzienserinnenabtei Lichtenthal, hg. von H. Siebenmorgen, Sig-
maringen 1995, S. 148f.
2 Vgl. dazu und zum Folgenden H. Schwarzmaier, Die Markgrafen und Großherzögen von Ba-
den als Zähringer, in: K. Schmid (Hg.), Die Zähringer. Eine Tradition und ihre Erforschung, Sigma-
ringen 1986, S. 193-210; H. Schadek/K. Schmid (Hgg.), Die Zähringer. Anstoß und Wirkung, Sig-
maringen 1986, S. 356ff; D. Strack, Die historisierenden Wandbilder Schwinds im Treppenhaus der
Karlsruher Kunsthalle, in: Moritz von Schwind, Meister der Spätromantik. Ausstellungskatalog der
Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe 1996, S. 55-75. - Als Zusammenfassung des vorliegenden Beitrags
vgl. auch: K. Krimm, Die Großherzöge von Baden und die Entdeckung des Mittelalters, in: Badi-
sches Landesmuseum/Württembergisches Landesmuseum, Die Glasgemäldesammlung der
Großherzöge von Baden (Patrimonia 238), Karlsruhe 2003, S. 7-10.