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Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 7.1904

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Heft 2
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Pernice, Erich: Untersuchungen zur antiken Toreutik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.31584#0193

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E. Pernice, Untersuchungen zur antiken Toreutik

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stehen. Gösse man diese Form nun, wie die Gipsformen, mit Metall ans, so
würde ein massiver Tigerkopf herauskommen. Um einen hohlen Tigerkopf zu er-
halten, füllt man die Form zunächst wieder mit Formsand. Diese Fiillung wird
herausgenommen und um so viel beschnitten, als das Metall stark gegossen werden
soll, sie bildet beim Guß den ITern, während die Form der Mantel ist. Der freiblei-
bende Raum zwischen Mantel und Kern, den in seiner Lage zu erhalten nicht ganz
einfach ist, wird ausgegossen und dann Form und Kern zerschlagen. Es erfolgt
nun eine Nacharbeitung des Metallausgusses, de.n man jetzt als neues Modell für
weitere Güsse statt des ursprünglichen Modelles benutzt, und zwar macht man diese
Nacharbeitung überscharf, weil dann die folgenden Güsse eine genügende Schärfe
bekommen, so claß für sie ein mühsameres Nacharbeiten entbehrlich ist. Nun wieder-
holt man den für das Wachs- oder Tonmodell geschilderten Proceß mit dem dauer-
haften Metallmodell so oft, als man Exemplare haben will. Alle Ausg'üsse, die
nach diesem Modell gemacht werden, werden also genau gleich groß sein und
würden, wenn man über einem eine Form machte, alle in diese Form passen.
Nur da werden sie voneinander abweichen, wo der Ciseleur beim Nacharbeiten
selbständiger gewesen ist.

Bei einer oberflächlichen Betrachtung der beiden antiken Tigerköpfe wird
man denken, daß das antike Verfahren von dem modernen nicht wesentlich ver-
schieden g'ewesen sein könne, daß vielmehr beide aus Formen ausgegossen seien,
die über demselben fertigen Modell genommen wurden — so ähnlich sehen sich
beide. Aber die beiden Köpfe sind — das ergibt eine mechanische Messung —
weit mehr voneinander verschieden, als es den Anschein hat, in den Maßen allein
so sehr, daß sie auf dem geschilderten Wege nicht hergestellt sein können.
Einige Maße führe ich hier an:

Entfernung der äußersten Ohrenspitzen voneinander 3)
Größte Entfernung der Backenknochen
Entfernung der äußersten Maulwinkel
Von der Oberlippe bis zum Ftaaransatz

o -ioo—o‘io4 m
o'ogi—o'o88 m
C074—0'072 m
o'o88—o -o82 m

3) Hier könnte die Differenz beim Nackarbeiten
durch stärkeres Feilen entstanden sein. Vor Schein-
resultaten muß man sich beim Messen besonders
hüten. Bei allen Messungen von scharfem Außenrand
zu Außenrand ist die Möglichkeit größerer Nach-
arbeiten zu erwägen. Viel sicherer sind die Innen-
maße, bei denen die Nacharbeit größere Unterschiede
nicht mehr herbeiführen kann, und solche Außenmaße,

bei denen es sich mehr um Flächen, nicht um scharfe
KLanten handelt.

Nachträglich bin ich auf ein drittes Exemplar des
Tigerkopfes aufmerksam geworden, das im Museum
zu Brüssel aufbewahrt wird (Musee de Ravestein
kl. Ausgabe Nr.. 1330, gr. Ausgabe Nr. 995). Die
vier Maße sind o'ioo—0'o86—0'07i—o'o83. Der
Kopf stammt also wohl sicher von derselben Anlage.
 
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