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Holzschnitt nach Kinder-
zeichnung von E. L. Kirchner
5 Jahre alt EB sa in... um]

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BEMERKUNGEN ÜBER LEBEN UND ARBEIT
VON E. L. KIRCHNER

Von Flechtheim aufgefordert, etwas zu meinen Bildern zu schreiben, benutze
ich gern die Gelegenheit, die hier oft direkt oder indirekt an mich gerichteten

Fragen was ich eigentlich hier tue und wie ich arbeite, zu beantworten.

Ich kam das erste Mal mit 10 Jahren in die Schweiz, nach Perlen bei Luzern,
wo mein Vater Direktor an der Papierfabrik wurde. Die drei schönen Jahre,
die ich dort im Umgang mit den Arbeiterkindern, den Hirten und Mädels
verlebte, sind mir immer in der Erinnerung geblieben, und als ich im Welt-
kriege zusammenbrach, erhoffte ich von einem Aufenthalt in der Schweiz am
sichersten Genesung. Infolge eines leichten Lungenleidens kam ich nach
Davos. Hier halfen mir gutıge Menschen, so daß ich mich in Frauenkirch
niederlassen konnte. Hier bin ich durch Jahre des Leidens hindurch langsam
genesen und habe viel gelernt. Seite an Seite mit den Bergbauern lebend
und arbeitend, lernte ich das Leben in seinem logischen Ablauf zwischen
Geburt und Tod übersehen. Ich sah die stete Erneuerung im Zusammenwirken
von Natur, Mensch und Tier, in dem einfachen klaren Leben der Bergbauern.
Mein eigenes Leben fügte sich ein, sodaß ich auch manchmal etwas mithelfen
konnte. Das alles gab mir Ruhe und das Gefühl, daß ich hier bleiben konnte.
In meinen Bildern gestaltete ich das Geschehen um mich herum und die
Erkenntnisse daraus in freien Phantasien.

Ich bin am Bahnhof geboren. Das erste, was ich im Leben sah, waren die
fahrenden Lokomotiven und Züge, sie zeichnete ich, als ich drei Jahre alt war.
Vielleicht kommt es daher, daß mich besonders die Beobachtung der Be-

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