kannten sie, ebenso wie die Byzantiner, bereits.
Keine noch so unbedeutende Handhabung in tech-
nischer Beziehung ist hier übergangen, von der
Zubereitung der Zeichenkohle, des Malbrettes, der
Farben, Pinsel und der verschiedensten Vergold-
ungsarten bis zum letzten Firnis. Dieser italieni-
schen Quelle des XIV. Jh. könnte eine gleichwertige
aus dem Norden entgegengestellt werden, nämlich
das Strassburger Manuskript; leider ist dasselbe bei
dem Brande der Bibliothek im Jahre 1870 mitver-
brannt und bis auf die wenigen von Eastlake ver-
öffentlichen Bruchstücke für uns verloren, wenn
nicht durch einen glücklichen Zufall die Eastlake
seiner Zeit vorgelegene Abschrift wieder zu Stande
gebracht werden wird. Lassen sich nun die Tech-
niken im Süden und Norden bis zum Ausgang des
XIV. Jh. mit ziemlicher Gewissheit an der Hand
des quellenschriftlichen Materiales rekonstruieren, so
treten ganz besondere Schwierigkeiten zu Tage,
wenn es sich darum handelt, die zu Beginn des
nächsten Jahrhunderts durch die Brüder Van Eyck
eingeführte technische Neuerung in den Quellen-
schriften zu verfolgen. Allgemeines Schweigen deckt
das berühmte «Geheimnis)) und die Sage erhält sich,
welche die beiden flämischen Meister zu Erfindern
der Oelmalerei machte. Nur die vielumstrittene
Erzählung des Vasari im Leben des Antonello da
Messina giebt einzelne Anhaltspunkte, welche den
Schluss zulassen, dass es nicht die Oelmalerei an
sich, sondern eine neue Art der Oelmalerei war,
welche die Brüder Van Eyck zu Urhebern gehabt.
Es sprechen ganz deutliche Anzeichen dafür, dass
die sog. Oeltempera, eine innige Mischung von
Eigelb oder Gummi mit Oelen oder Oelfirnissen,
wodurch diese letzteren wassermischbar werden,
die Technik der altniederländischen und kölnischen
Schule bis zu Dürer und Holbein gewesen ist. Der
Raum gestattet es leider nicht, die Beweise für
die hier ausgesprochene Ansicht zu erbringen und
möchte ich auf meine bezüglichen Ausführungen
in der Zeitschrift für die bildende Kunst (Jahrg. VI.
N. F. 8 u. 9) verweisen.
Neben dem ziemlich umfangreichen Bologneser
Manuskript (Segreti per colori) und dem in der
Marciana Bibliothek aufbewahrten Codex (Segreti
diversi) ist für das ganze XVI. Jh. die Introduzione und
mancher technischer Hinweis aus Vasari's ausführ-
lichen Künstlerbiographien von Bedeutung. Lomazzo
und Armenini unterstützen ihren berühmten Kollegen
in ihren Büchern über die Malerei (Idea del Tempio
della Pittura, 1590; Veri precetti, 1587) nur sehr wenig.
Eigentümlicherweise behandeln die Malerbücher
dieser und der folgenden Epochen immer mehr die
aesthetische und didaktische Seite der Kunst und
berühren das Technische nur nebenbei; Lomazzo z. B.
giebt bei der Oelmalerei nur an, dass die Farben mit
Nussöl «und anderen Sachen» angerieben werden;
wie Leinwand oder Malbretter zu präparieren,
wie untermalt und wie fertig gemalt wird, davon
schweigt er vollends. Selbst Leonardo versäumte es in
seinem gross angelegten Trattato, über Farben und
Technik speziell zu handeln, obwohl er es für nötig
hält und dies nur «aus Mangel an Papier», wie er sagt,
unterlassen habe. Für seinen grossen Geist mag es
vielleicht nebensächlich erschienen sein, ausführlich
Dinge zu beschreiben, die ohnehin jedem Lehrling be-
kannt sein müssten oder sich doch nur durch fortge-
setzte Uebung erlernen lassen könnten. Bei den
Druckschriften der nordischen Autoren erhält sich
hingegen noch lange Zeit das frühere Rezeptenwesen.
Bolz von Rufach (Illuminierbuch, 1562.) rechtfertigt
sich desshalb in der Vorrede, dass er überhaupt
Dinge veröffentliche, die eigentlich im Interresse
der Zunft geheim zu halten wären, aber nach ihm
werden die Bücher mit ausführlichen Rezepten
immer häufiger, bis in der Nürnberger «Kunst- und
Werkschul» (1707) eine Sammlung erschien, die in
Bezug auf Vielseitigkeit und Ausführlichkeit kaum
mehr überboten werden kann.
Der Holländer Karel van Mander schliesst sich
in der gereimten Einleitung zu seinem Schilderboeck
(1604) mehr an die Art der Italiener an, besonders
an Vasari, von dem er grosse Partien direkt ent-
lehnt. Für die Kenntnis der spanischen Schule des
XVII. Jh. wären noch Pacheco's und Palomino's
Malerbücher zu verzeichnen. Pacheco's Werk,
Arte de la Pintura, erschien 1641, Palomino's Museo
pictorico 1715; derselben Zeit gehört noch die «Je-
suiten Perspektive» des Pater Andrea Pozzo an,
der insbesondere für die damalige Freskotechnik
ausführliche Anweisungen gegeben hat. Diese Tech-
nik war wie keine andere in der ganzen Renais-
sancezeit der Prüfstein für das Können und kein
Maler wurde als Meister anerkannt, der nicht diese
Malweise vollkommen zu beherrschen im Stande war.
Eine ganze lange Reihe von Kunstbüchlein, wie
der «kuriose Maler» oder «der zur und zu vielen
anderen kurieusen Wissenschaften wohl ausführende
Maler etc.», «Kunstkabinet rarer und geheim ge-
haltener Erfindungen» u. s. w. sind im XVIII. Jh.
gedruckt und in andere Sprachen übertragen worden.
Nichts ist langweiliger und ermüdender als diese
fortwährend sich gleichbleibenden oder nur wenig
veränderten Angaben von Firnissen und Essenzen,
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Keine noch so unbedeutende Handhabung in tech-
nischer Beziehung ist hier übergangen, von der
Zubereitung der Zeichenkohle, des Malbrettes, der
Farben, Pinsel und der verschiedensten Vergold-
ungsarten bis zum letzten Firnis. Dieser italieni-
schen Quelle des XIV. Jh. könnte eine gleichwertige
aus dem Norden entgegengestellt werden, nämlich
das Strassburger Manuskript; leider ist dasselbe bei
dem Brande der Bibliothek im Jahre 1870 mitver-
brannt und bis auf die wenigen von Eastlake ver-
öffentlichen Bruchstücke für uns verloren, wenn
nicht durch einen glücklichen Zufall die Eastlake
seiner Zeit vorgelegene Abschrift wieder zu Stande
gebracht werden wird. Lassen sich nun die Tech-
niken im Süden und Norden bis zum Ausgang des
XIV. Jh. mit ziemlicher Gewissheit an der Hand
des quellenschriftlichen Materiales rekonstruieren, so
treten ganz besondere Schwierigkeiten zu Tage,
wenn es sich darum handelt, die zu Beginn des
nächsten Jahrhunderts durch die Brüder Van Eyck
eingeführte technische Neuerung in den Quellen-
schriften zu verfolgen. Allgemeines Schweigen deckt
das berühmte «Geheimnis)) und die Sage erhält sich,
welche die beiden flämischen Meister zu Erfindern
der Oelmalerei machte. Nur die vielumstrittene
Erzählung des Vasari im Leben des Antonello da
Messina giebt einzelne Anhaltspunkte, welche den
Schluss zulassen, dass es nicht die Oelmalerei an
sich, sondern eine neue Art der Oelmalerei war,
welche die Brüder Van Eyck zu Urhebern gehabt.
Es sprechen ganz deutliche Anzeichen dafür, dass
die sog. Oeltempera, eine innige Mischung von
Eigelb oder Gummi mit Oelen oder Oelfirnissen,
wodurch diese letzteren wassermischbar werden,
die Technik der altniederländischen und kölnischen
Schule bis zu Dürer und Holbein gewesen ist. Der
Raum gestattet es leider nicht, die Beweise für
die hier ausgesprochene Ansicht zu erbringen und
möchte ich auf meine bezüglichen Ausführungen
in der Zeitschrift für die bildende Kunst (Jahrg. VI.
N. F. 8 u. 9) verweisen.
Neben dem ziemlich umfangreichen Bologneser
Manuskript (Segreti per colori) und dem in der
Marciana Bibliothek aufbewahrten Codex (Segreti
diversi) ist für das ganze XVI. Jh. die Introduzione und
mancher technischer Hinweis aus Vasari's ausführ-
lichen Künstlerbiographien von Bedeutung. Lomazzo
und Armenini unterstützen ihren berühmten Kollegen
in ihren Büchern über die Malerei (Idea del Tempio
della Pittura, 1590; Veri precetti, 1587) nur sehr wenig.
Eigentümlicherweise behandeln die Malerbücher
dieser und der folgenden Epochen immer mehr die
aesthetische und didaktische Seite der Kunst und
berühren das Technische nur nebenbei; Lomazzo z. B.
giebt bei der Oelmalerei nur an, dass die Farben mit
Nussöl «und anderen Sachen» angerieben werden;
wie Leinwand oder Malbretter zu präparieren,
wie untermalt und wie fertig gemalt wird, davon
schweigt er vollends. Selbst Leonardo versäumte es in
seinem gross angelegten Trattato, über Farben und
Technik speziell zu handeln, obwohl er es für nötig
hält und dies nur «aus Mangel an Papier», wie er sagt,
unterlassen habe. Für seinen grossen Geist mag es
vielleicht nebensächlich erschienen sein, ausführlich
Dinge zu beschreiben, die ohnehin jedem Lehrling be-
kannt sein müssten oder sich doch nur durch fortge-
setzte Uebung erlernen lassen könnten. Bei den
Druckschriften der nordischen Autoren erhält sich
hingegen noch lange Zeit das frühere Rezeptenwesen.
Bolz von Rufach (Illuminierbuch, 1562.) rechtfertigt
sich desshalb in der Vorrede, dass er überhaupt
Dinge veröffentliche, die eigentlich im Interresse
der Zunft geheim zu halten wären, aber nach ihm
werden die Bücher mit ausführlichen Rezepten
immer häufiger, bis in der Nürnberger «Kunst- und
Werkschul» (1707) eine Sammlung erschien, die in
Bezug auf Vielseitigkeit und Ausführlichkeit kaum
mehr überboten werden kann.
Der Holländer Karel van Mander schliesst sich
in der gereimten Einleitung zu seinem Schilderboeck
(1604) mehr an die Art der Italiener an, besonders
an Vasari, von dem er grosse Partien direkt ent-
lehnt. Für die Kenntnis der spanischen Schule des
XVII. Jh. wären noch Pacheco's und Palomino's
Malerbücher zu verzeichnen. Pacheco's Werk,
Arte de la Pintura, erschien 1641, Palomino's Museo
pictorico 1715; derselben Zeit gehört noch die «Je-
suiten Perspektive» des Pater Andrea Pozzo an,
der insbesondere für die damalige Freskotechnik
ausführliche Anweisungen gegeben hat. Diese Tech-
nik war wie keine andere in der ganzen Renais-
sancezeit der Prüfstein für das Können und kein
Maler wurde als Meister anerkannt, der nicht diese
Malweise vollkommen zu beherrschen im Stande war.
Eine ganze lange Reihe von Kunstbüchlein, wie
der «kuriose Maler» oder «der zur und zu vielen
anderen kurieusen Wissenschaften wohl ausführende
Maler etc.», «Kunstkabinet rarer und geheim ge-
haltener Erfindungen» u. s. w. sind im XVIII. Jh.
gedruckt und in andere Sprachen übertragen worden.
Nichts ist langweiliger und ermüdender als diese
fortwährend sich gleichbleibenden oder nur wenig
veränderten Angaben von Firnissen und Essenzen,
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