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geld eine leise, aber deutliche Anfrage. Sie kann umso weniger
mißverstanden werden, als sich der Gast sehr oft nicht scheut,
einen Teil der verlangten Leistungen sofort zu beanspruchen.
Daß ein Mädchen allein durch das Trinkgeld verführt werden
kann, werde ich aus einer Darstellung beweisen, die mir eine
Kellnerin gab.
Während der gewöhnliche Gast 5 oder 10 Pfennig Trinkgeld
gibt, beginnt der andere sofort mit 10 oder 20 Pfennig Trinkgeld
und steigert dieses langsam. Mit diesem Steigern schreitet eine
immer größere Annäherung einher. Die Kellnerin läßt sich dieses
meistens gefallen, da sie sonst befürchten muß, einen Stammgast,
der viel Trinkgeld gibt, zu verlieren. Dazwischen kommt hin und
wieder, aber jedesmal von einem entsprechenden Trinkgeld be-
gleitet, die Frage nach dem freien Tag. Zunächst nun verbittet
sie sich das Verleben des freien Tages mit ihm zusammen. Aber
der Gast läßt nicht nach, er will das viele Trinkgeld nicht um-
sonst aufgewandt haben, bis endlich die Kellnerin nachgibt. Hat
er dann das einmal erreicht, so hat er nicht viele Hindernisse
mehr zu überwinden. Die Kellnerin fällt ihm zum Opfer und da-
mit ist auch oft schon der erste Schritt zur Prostitution getan;
denn diesem Gast folgen ungezählte, die das gleiche verlangen,
besonders da ja die Kellnerinnen in vielen Kreisen nicht viel
höher geachtet werden als die Prostituierte. Alles dieses aber
wäre nicht möglich, wenn die Kellnerin die nötige innerliche
Kraft dazu besäße, den aufdringlichen Gast abzuweisen, und wenn
sie darin von den anderen Gästen und dem Wirte unterstützt
würde. Die innere Kraft ist jedoch in den wenigsten Fällen vor-
handen, zum Teil infolge der übermäßig langen Arbeitszeit, ver-
bunden mit dem fortwährenden Aufenthalt in schlechter Luft und
durch die fortwährenden und sich immer wiederholenden Angriffe
von Seiten der Gäste, denen sie auf die Dauer schwer widerstehen
kann. Sie tragen die größte Schuld an dem moralischen Tief-
stände eines nicht kleinen Teiles unserer Kellnerinnen. Werden
doch von dieser Sorte von Gästen die einfachsten Regeln des
Anstands und Benehmens den Kellnerinnen gegenüber für über-
flüssig erachtet. Dagegen aber sollen die Kellnerinnen immer ge-
fällig und freundlich gegen die Gäste sein, sie müssen immer
heiter, fröhlich und zu Späßen aufgelegt sein, was allein schon
der Wirt im Interesse seines Geschäftes verlangt. So habe ich
es erlebt, daß eine Kellnerin sofort entlassen wurde, weil sie eine
geld eine leise, aber deutliche Anfrage. Sie kann umso weniger
mißverstanden werden, als sich der Gast sehr oft nicht scheut,
einen Teil der verlangten Leistungen sofort zu beanspruchen.
Daß ein Mädchen allein durch das Trinkgeld verführt werden
kann, werde ich aus einer Darstellung beweisen, die mir eine
Kellnerin gab.
Während der gewöhnliche Gast 5 oder 10 Pfennig Trinkgeld
gibt, beginnt der andere sofort mit 10 oder 20 Pfennig Trinkgeld
und steigert dieses langsam. Mit diesem Steigern schreitet eine
immer größere Annäherung einher. Die Kellnerin läßt sich dieses
meistens gefallen, da sie sonst befürchten muß, einen Stammgast,
der viel Trinkgeld gibt, zu verlieren. Dazwischen kommt hin und
wieder, aber jedesmal von einem entsprechenden Trinkgeld be-
gleitet, die Frage nach dem freien Tag. Zunächst nun verbittet
sie sich das Verleben des freien Tages mit ihm zusammen. Aber
der Gast läßt nicht nach, er will das viele Trinkgeld nicht um-
sonst aufgewandt haben, bis endlich die Kellnerin nachgibt. Hat
er dann das einmal erreicht, so hat er nicht viele Hindernisse
mehr zu überwinden. Die Kellnerin fällt ihm zum Opfer und da-
mit ist auch oft schon der erste Schritt zur Prostitution getan;
denn diesem Gast folgen ungezählte, die das gleiche verlangen,
besonders da ja die Kellnerinnen in vielen Kreisen nicht viel
höher geachtet werden als die Prostituierte. Alles dieses aber
wäre nicht möglich, wenn die Kellnerin die nötige innerliche
Kraft dazu besäße, den aufdringlichen Gast abzuweisen, und wenn
sie darin von den anderen Gästen und dem Wirte unterstützt
würde. Die innere Kraft ist jedoch in den wenigsten Fällen vor-
handen, zum Teil infolge der übermäßig langen Arbeitszeit, ver-
bunden mit dem fortwährenden Aufenthalt in schlechter Luft und
durch die fortwährenden und sich immer wiederholenden Angriffe
von Seiten der Gäste, denen sie auf die Dauer schwer widerstehen
kann. Sie tragen die größte Schuld an dem moralischen Tief-
stände eines nicht kleinen Teiles unserer Kellnerinnen. Werden
doch von dieser Sorte von Gästen die einfachsten Regeln des
Anstands und Benehmens den Kellnerinnen gegenüber für über-
flüssig erachtet. Dagegen aber sollen die Kellnerinnen immer ge-
fällig und freundlich gegen die Gäste sein, sie müssen immer
heiter, fröhlich und zu Späßen aufgelegt sein, was allein schon
der Wirt im Interesse seines Geschäftes verlangt. So habe ich
es erlebt, daß eine Kellnerin sofort entlassen wurde, weil sie eine