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Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 1.1884

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Nr. 6 (15. Juni 1884)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29786#0056
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4?

Warkwalv voll Annweiler
Reichstruchseli und kaiserlicher Lehemcherr in Italien unter Heinrich VI.
Einer der treuesten Begleiter und vertrautesten Freunde Kaisers
Heinrich VI. war schon seit den Lebzeiten Friedrichs I. dessen Ministeriale
Martivald van Annweiler. Die ruhmreichen Kriegsthaten dieses
Mannes dei der Eroberung des Borinannischen Reiches nnd der be-
harrliche Kamps, den er nach Kaiser Heinrichs Tode siir die deutsche
Herrschaft gegen Papst Jnnocenz III. siihrte, lassen den gewaltigen
Geist erkennen, der in diesem Manne lebte. Sogar König Philipp
Angust II. hatte sich bei Gelegenheit der Gesangennehmung Richards
von England um dessen Gnnst beworben, ft den sein Herr, wie Jnno-
cenz meint, vom Stande erweckt nnd aus dem Kothe ausgerichtek hatte.")
In den Kämpfen, welche Herzog Friedrich der Einäugige von
Schwaben, der Urgrossvater Kaiser Friedrichs II. für die Erhaltung der
Rechte des Reiches zn bestehen hatte, hielt er es für nötig, znm Schutze
des Thales nnd der wichtigen Bnrg Trifels den Hof oder das Dort
Annweiler ft mit einer Befestignngsmaner zn nmgeben. Diese znr
Beschütznng des Thalweges unumgänglich notwendige neue Anlage
wurde einem Adeligen znr Bewachung und Verteidigung übergeben,
der nun, Ivie in jenen Feiten üblich, den Namen davon annahm. Sb
jedoch diese Familie einem elsässischen Rittergeschlecht entstammt ft nnd
ob der Vater des Markwald mehrere Güter an der Bergstraße
zwischen Darmstadt und Ingelheim besessen habe, ist nicht genug be-
gründet, ft entschieden unrichtig aber ist es, das Stammschloß des
letzteren fei „über dem Städtchen Annweiler in dessen Nähe" gestanden
und dieser fei auch „im Besitze des Münzrechtes über dieses Städtchen"
gewesen, ft Die südlicb oberhalb Annweiler jetzt in Trümmer liegen-
den ursprünglich durch einen Felseukamm genau miteinander verbundenen
nnd gleichzeitig zn einem Zwecke angelegten drei Burgen führen den
Collektiv-Namen „Trifels" (Dreifelsenbnrgt und zwar war die zunächst
bei Annweiler gelegene die vornehmste und eigentliche Bnrg Trifels,
die hinter und neben ihr befindliche hieß der „Fuiebcw" und die dritte
am stärksten befestigte der „Scharfenberg", ft Nun führte, jedoch erst
ft Wegen seiner Irenen Mitwirkung bei der Friedensstiftung mit Eng-
land belehnte ihn der König um 1196 mit der Villa Dsrm surouastsrium
in Frankreich. Es ist dies eines der frühesten Beispiele der Belehnung eines
Reichsmannen mit fremdherrlichen Lehen. Ficker, Heerschild 72. Scheffer-
Boichorst, Deutschland nnd Philipp II. Augnst, in den Forschungen zur d.
Gesch. VIII, 500, Anmerk.
ft Otzlitus tzsuskieiorum patris, gui sum srsxit cis pulvere et cle
8tereore sussitavit. Npist. luuoe. (scl Lalumus 1082. Hol.) II. 221, 226.
ft Lehmann, Pfälzische Burgen II, 104, 105. Das Städtchen Ann-
! weiter — diese wie mehrere andere Bemerkungen (auch im Texte) für nicht-
pfälzische Leser — liegt im Südosten der baper. Rheinpfnlz an der Qneich,
unweit der ehemaligen Bundesfestung Landau, und führt in Urkunden des
12. nnd 13. Jahrh. die deutschen Namen ,,VViIrs", „Vuusrvilrs" und in
(Rrou. Drspsr^. ..Xuuirvilir", sowie den lateinischen Vuuasvilla". Ob der
gelehrte Oxforder Magister (Datzrisuis, Uitzl. ursä. et rst. not. IV, 236)
.lolrauuss Dauvilt. Nautvillsusis. Xuucsvillauus. der um das Jahr 1200
lebte, unser Städtchen zur Heimat gehabt habe, lassen wir dahingestellt,
ft Hurter, Jnnocenz III. I, 127.
ft Hurter I, 127. Ganz unhaltbar ist die Behauptung des Historikers
Joh. von Müller und anderer schweizerischer Geschichtschreiber (Hurter a. a. O.j,
daß die Familie von einem tnrgauischen Geschlechte von Tuclv-H, Xuvzck, lAuckv-H
abstamme, deren Stammschloß im Appenzeller Kriege 1105 zerstört worden sei.
ft Töche, Heinrich VI. 507, 3. Stumpf, Reg. Nr. 4650, 4859.
ft Diese eigenartige und ihre Festigkeit bedingende Gestaltung der
Trifels-Burg machten die Veste zu einem Wunder ihrer Zeit und lange Jahre
(bis 1298, Orolluis, oralis äs Xuvilla x. 128) vor allem geeignet, den Reichs-
Insignien zum sichere!: Schutz zu dienen. In, selbst Dichter jener Zeit hielten
es nicht für unangemessen, des Trifels rühmend zu gedenken. So dichtet
Rudolf von Eins (um 1240) in seiner gereimten Weltchronik (Ansg. von
Schütze, Hamb. 1779—81. S. 45):
Oslo soll ir vil v-ol vüsssu cla2
Da /.vüsslreut 8traWtrur«- als ioli las
Duck 8pirs litt Drilg- Irsre
Vis vns seit clsr rvarlrsit rvsre
Davon sr Trivsls ist Asuaut
In allen lanclen rvol Irslraut.
Die Reichsinsignien waren vorübergehend durch Rudolf von Habsburg
in seiner Veste Kyburg in der Schweiz niedergelegt, durch Adolf v. Nassau
aber wieder nach dem Trifels zurückgebracht worden. (IVürätvsiu, sutzsiäia
nova XII, 206 L) Auf neue durch Albrecht I. 129tz nach Kyburg verbracht,
wurden sie für immer unter Sigismund seit 1424 in Nürnberg aufbewahrt,
verblieben hier bis 1796 nnd befinden sich seit diesem Jahre bis heute in Wien,
wo sie aber, außer der kaiserl. Familie, noch Niemand trotz aller Bemühungen
. zn Gesicht hat bekommen können.

später, diese dritte Burg, welche vorzugsweise zum Gefängnisse der
Opfer der Politik Kaisers Heinrich VI. dienke, auch, wie noch jetzt,
den Namen „die Münze". Aber der Grund für diese letztere Be-
nennung war ein ganz anderer. Unter anderen Privilegien nämlich
hatten die Bewohner des unten liegenden Städtchens wegen ihrer un-
erschütterlichen Treue gegen die Staufen vom Kaiser Friedrich II. das
Recht erhalten, ft eine eigene Münzstätte anzulegen, aber unter der Be-
dingung, daß deren Erträgnisse zur Uuterhaltnug der Veste Trifels
d. h. der dritten oder hintersten der drei Vurgcu (dem „Scharfenberg"s
dienen sollten.
Urkundlich begegnet das adelige Geschlecht derer „von Annweiler"
schon feit den: Jahre 1176, seit welchen! die Namen mehrerer desselben
als Zeugen in Urkunden überliefert sind. Ter berühmteste aber unter-
allen wurde der Reichstruchfeß Markwald (Nureovulärw, Nkwciiwlätw.
zuweilen auch NurcjiiurV geuaunts, der diese Würde für die vou fränk-
ischen Kaisern vererbten Besitzungen der Staufen besaß und zugleich
mit feinen Gütern in Dienstespflicht zn diesem Hause stand. Schon
im Jahre 1184 ft erscheint Markwald urkundlich öfters als königlicher
Seneschall (Lonseulstist und wenn auch 1187 nnd 1188 fein Ge-
schlechtsname in den Urkunden verschwindet, so ist doch die Identität
mit dem später sehr häufig von Annweiler benannten Markwald nicht
zn bezweifeln. Als Trnchfeß aber (ciupik'or rsZis) kommt er bereits
1185 und seitdem wiederholt vor, wie wir ihn auch 1193 als kaiser-
lichen Gesandten zu Piacenza finden, zugleich mit Trushard vou Kesten-
üurg, ft welch' Letzterer diesen Namen vou seiner Burg dieses Nameus
führte (jetzt Marburg, auch seit dem 27. Mai 1832 in weiteren
Kreisen als „Hambacher Schloß" bekannt, weil die Burg oberhalb
dieses Dorfes, unweit Neustadt a. d. Haardt, in der bayer. Rheinpfnlz,
gelegen ist) und von 1179 bis 1196 in Urkunden erscheint. Und iu
einer solchen vom 9. Mai 1194, ft worin der damals aus dem Trifels
weilende Kaiser Heinrich VI. den Verkauf der Orte Mettenheim uud
Rechholz bei Speyer, Afterleheu, die Markwald vou Eberhard von
Rede erhalten und für 2000 Mark dem Kloster Hemmenrode über-
lassen hatte, bestätigt, nennt ihn der Kaiser seinen vertrautesten Freund
und Diener (lumiliuists nos leist.
Seinen Einslnß auf Heinrich VI. hatte Martwald sich schon
unter dessen Vater Friedrich I., den er aus seinem Kreuzzuge begleitet
hatte, erworben. Da er aber auch vou dem letzteren früher als Er-
zieher des jungen Königs beigegeben war, so wußte er die besondere
Gunst Heinrichs VI., die er von da ab fortwährend in ausgezeichneter
Weise besaß, so zu wahreu, daß er zu den höchsten Ehrenstellen er-
hoben wurde. Aber um dem grenzenlosen Ehrgeize uud dem Streben
nach Macht zu genügen, war auch diesen: eben so schlauen als khat-
krästigen Manne, ft der jedoch mit unerschütterlicher Treue au seinem
Herrn und den Hohenstansischen Interessen hing, kein Opfer zu kostbar,
wie er auch iu deu Mitteln wenig wählerisch war, wenn sie nur zum
gewünschteu Ziele führten. Denn es darf als historisch sicher ange-
nommen werden, daß zu deu Greueln und Blutthaten, deren sich Hein-
rich VI. in Sicilien schuldig machte, Markwald nicht deu geringsten
Anlaß gegeben hatte, indem er aus das erregbare Gemüt seines Herrn
iu bedeutsamer Weise einzuwirkeu verstand, ft Biele Großen Siciliens,
nachdem sie vorher noch geblendet oder sonst verstümmelt waren, ließ
Heinrich 1195 nach Deutschland aus die Reichsveste Trifels schleppen,
so u. a. den Grasen Richark. einen nahen Verwandten seiner Gemahlin
Constanze, den bejahrten Erzbischof von Salerno, den berühmten See-
helden Margaritone. Ebenso ward des Königs Tancred Wittwc samt
ihren drei Töchtern in dem Kloster Hohenbnrg auf dem Odilieuberge
in Elsaß eiugekerkert, ganz abgesehen von der unermeßlichen in Sicilien
gewonnenen Bente, bestehend in Gold, Silber, unschätzbaren köstlichen

ft HaAsuorvs 1219. 18 Irl. Oetotzris bei Lehmann pfälz. Burgen II.
108 und ckoauuis spisilsAium 453 Nr. VI.
ft Abel, König Philipp 76, 330. Ficker, Reichshofbeamte 26, 27.
ft Remling, Speyrer llrkundenbnch I, 129. Nr. 113. Würdtivein,
sutzsiclia ckipl. V, 264 Nr. XO nnd nova X. 180. Nr. 0X1.
ft Datum apuck Rriusls anno clui NOXOIIII. I II. -Ick. Nach. Dünge,
IckkA. tzacksusia S. 152 Nr. 108. Stumpf 4860.
ft Vir iuASuiosus st sudciolus. Vntonini trist. III. 31. Xstutus
st auäax. Npist. Innoe. VII. 228.
ft Damuatas msmorias Naroualckus Tun. Oass. in Kurator! 8sript.
V. Xlius 8aiackinus nennt ihn Jnnocenz tftüst. IV. 221 nnb 236 bezichtigt
er ihn ganz besonderer Teilnahme an den Blntthaten des Kaisers.
 
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