Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein Historisches Museum der Pfalz [Hrsg.]; Historischer Verein der Pfalz [Hrsg.]
Pfälzisches Museum: Monatsschrift d. Historischen Vereins der Pfalz und des Vereins Historisches Museum der Pfalz — 22.1905

DOI Heft:
Nr. 3 (März 1905)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.29783#0048
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
38

Frankenstein, welche sich mit den kurpfälzischen Jägern im benachbarten Neidenfels
und Lambrechter Tal in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wegen Jagdgrenz-
streitigkeiten re. lang und grimmig in den Haaren lagen, zum stillen und offen-
kundigen Ergötzen ihrer beiderseitigen Dienstherrschaften. Zeugnis hiefür legen
ab der vom Pfälzer Kurfürst im Walde erbaute, jetzt s zerfallene Turm „Murr-
nnrnitviel", das vom Grafen zu Leiningen zum Trutz dagegen errichtete, noch
bestehende Jagdhaus „Kehrdichannichts", dann wieder das neue kurpfälzische, nicht
mehr vorhandene Forsthaus „Schaudichnichtum". Harmlose Fürstenscherze und
Neckereien aus der Kleinstaaterei der sog. guten alten Zeit!

Wohl wegen dieser langjährigen leiningisch-kurpfälzischen Jagdspähne verlegt
das Pfälzische Volksschullesebuch für die 3. und 4. Klasse in einem nach August
Becker verfaßten Lesestück S. 262 die Entstehung des Liedes in diese Zeit. August
Becker selbst spricht dies jedoch in „Pfalz und Pfälzer" nicht bestimmt aus, sondern
ermähnt nur das Lied vom Jäger aus Kurpfalz bei Schilderung obiger Streitig'
keiten und Örtlichkeiten.

Ans diese Weise hat sich die Mythe von dem Ursprung des Liedes ans dem
18. Jahrhundert allmählich hernusgebildet und fortgesponnen, daß es aber ein
Oberstjägermeister von Hacke gedichtet habe, ist nach einer freundlichen privaten
Mitteilung des Herrn Dr. Friedrich Walter, des verdienstvollen Schriftleiters der
Mannheimer Geschichtsblätter, noch ein ziemlich neues Märchen, das die Roman-
schriftstellerin Hoff von Mannheim aufgebracht haben soll.

Durch diese geschichtlichen Darlegungen dürfte die Richtigkeit meiner eingangs
ausgestellten Behauptung über den älteren Ursprung unseres Liedes auch vom
historischen Standpunkte aus so ziemlich erwiesen sein.

Im Verein mit meiner früheren bezüglichen Beweisführung anhand des
Liedes selbst komme ich nun zu der wohl nicht mehr anfechtbaren, weil logisch bezw.
historisch genetisch entwickelten Schlußfolgerung: Das Lied „Der Jäger aus
Kurpfalz" ist kein Kind des Rokoko, sondern der Renaissanze.
Nicht die befrackte, bezopfte und gepuderte Hofgesellschaft des 18. Jahrhunderts
hat ihm zu Gevatter gestanden, nein, seine Wiege stand viel früher schon inmitten
des Pfälzerwaldes, auf grüner Heid', bei fröhlichem Gejaid mit Hallali und
Hörnerklang! —

Als geschichtliche Erinnerung sei nach einem im Januarhefte 1905 der von
mir gern gelesenen, künstlerisch gut ausgestatteten Monatshefte von Velhagen und
Klasing erschienenen Aussatz „Der Hof der Königin Luise" von Hermann von
Petersdorff den freundlichen Lesern noch mitgeteilt, daß die edle Preußenkönigin
Luise auch in den Tagen des Leids zu Memel und Königsberg neben „Es ritten
drei Reiter zum Tor hinaus" auch den „Jäger aus Kurpfalz" sich zum Lieblings-
liede erkoren hatte. Beide Lieder sollten nach Angabe des Verfassers in der
gerade 1806—1808 in drei Bänden zu Heidelberg von den beiden Romantikern
Achim von Arnim und seinem Schwager Klemens Brentano gemeinschaftlich heraus'
gegebenen berühmten Sammlung deutscher Volkslieder „Des Knaben Wunderhorn"
enthalten sein.

Diese Angabe fand ich aber leider nicht ganz bestätigt bei meiner persönlichen
Einsichtnahme in die Originalausgabe der Heidelberger Universitätsbibliothek, dank
der Liebenswürdigkeit unseres pfälzischen Landsmannes, des dortigen Oberbiblio-
thekars und durch seine pfälzischen Geschichtsforschungen bekannten Professors Herrn
Dr. Jakob Wille aus Frankenthal: Das von mir nicht gesuchte Lied steht drin,
der Jäger aus Kurpfalz aber nicht. Schade drum, denn es wäre doch sehr inter-
essant gewesen den Text feststellen zu können, den die Königin Luise zur Harfe
einst gesungen.

Wohl aus dieser Tradition von der Mutter unseres Heldenkaisers Wilhelm I.
 
Annotationen