Dennoch sollen die folgenden Kapitel gerade die Verbindung Dona-
tellos mit Polyklet, die zunehmend selbstbewußte Konkurrenz mit dem
berühmtesten der antiken Bildhauer, aufzeigen. Die nach dem Romaufent-
halt 1432/33 entstandenen Werke selbst, die Cantoria für den Florentiner
Dom, das Marmorrelief mit dem Gastmahl des Herodes sowie die Caval-
canti-Verkündigung in S. Croce werden trotz fehlender Schriftquellen die
nötigen Indizien für diesen Wettstreit liefern.
2. Die Cantoria des Florentiner Doms
Die Aufträge an Donatello und Luca della Robbia
Am 10. Juli 1433 ermächtigten die Operai des Florentiner Doms Neri di
Gino Capponi, an Donatello den Auftrag für eine Orgel-Kanzel zu verge-
ben (Abb. 45). Diese sollte über dem Eingang zur linken Sakristei im kurz
vor der Vollendung stehenden Kuppelbereich von S. Maria del Fiore ange-
bracht werden. Capponi erhielt freie Hand, nach eigenem Gutdünken die
weiteren ikonographischen, formalen und technischen Konditionen für das
Werk zu bestimmen - »cum illis storiis et cum illis pactis et pro eo pretio et
tempore prout eidem videbitur et placebit.«'1 Diese scheinbar umfassende
Entscheidungsfreiheit war freilich schon dadurch weitgehend beschränkt,
daß Luca della Robbia bereits zwei Jahre zuvor ein Gegenstück - die Kan-
zel über der rechten Sakristei - begonnen hatte (Abb. 46). Den Operai
schien es offenbar logisch, daß Capponis Auftrag und dann Donatellos
Ausführung sich grosso modo an dem früheren Entwurf orientieren und der
Künstler einzelne Reliefplatten fertigen sollte, schließlich hatten beide Kan-
zeln als Pendants zu fungieren. Dies bestätigt die Ende 1433 festgesetzte
Zahlungsmodalität: Donatello hätte wie Luca für jede Reliefplatte 40 fL zu
erhalten, würde er dessen Werke übertreffen sogar 50 fl.58 Man griff also
auf das bewährte Mittel zur Qualitätssteigerung, auf Konkurrenzdruck,
zurück.
Bei Luca, der sowieso allen Grund hatte, bei seinem ersten großen offi-
ziellen Auftrag zu brillieren, zeigte das Vorgehen, d.h. der solchermaßen
provozierte Wettstreit, die gewünschte Wirkung. Luca ging von einer präzi-
sen - wohl vorgegebenen - Textgrundlage aus, dem 150. Psalm, dessen ein-
zelne Verse mit je einer Reliefplatte illustriert wurden: Jugendliche Tuba-
bläser für das »Laudate eum in sono tubae«, Zimbeln schlagende Putten für
5/ Poggi, Duomo, doc. 1286; Herzner 1979, Nr. 150; den Forschungsstand zur Can-
toria resümiert Rosenauer 1993, 148-152.
■'*8 Poggi, Duomo, doc. 1287; Herzner 1979, Nr. 155.
2. Die Cantoria des Florentiner Doms 201
tellos mit Polyklet, die zunehmend selbstbewußte Konkurrenz mit dem
berühmtesten der antiken Bildhauer, aufzeigen. Die nach dem Romaufent-
halt 1432/33 entstandenen Werke selbst, die Cantoria für den Florentiner
Dom, das Marmorrelief mit dem Gastmahl des Herodes sowie die Caval-
canti-Verkündigung in S. Croce werden trotz fehlender Schriftquellen die
nötigen Indizien für diesen Wettstreit liefern.
2. Die Cantoria des Florentiner Doms
Die Aufträge an Donatello und Luca della Robbia
Am 10. Juli 1433 ermächtigten die Operai des Florentiner Doms Neri di
Gino Capponi, an Donatello den Auftrag für eine Orgel-Kanzel zu verge-
ben (Abb. 45). Diese sollte über dem Eingang zur linken Sakristei im kurz
vor der Vollendung stehenden Kuppelbereich von S. Maria del Fiore ange-
bracht werden. Capponi erhielt freie Hand, nach eigenem Gutdünken die
weiteren ikonographischen, formalen und technischen Konditionen für das
Werk zu bestimmen - »cum illis storiis et cum illis pactis et pro eo pretio et
tempore prout eidem videbitur et placebit.«'1 Diese scheinbar umfassende
Entscheidungsfreiheit war freilich schon dadurch weitgehend beschränkt,
daß Luca della Robbia bereits zwei Jahre zuvor ein Gegenstück - die Kan-
zel über der rechten Sakristei - begonnen hatte (Abb. 46). Den Operai
schien es offenbar logisch, daß Capponis Auftrag und dann Donatellos
Ausführung sich grosso modo an dem früheren Entwurf orientieren und der
Künstler einzelne Reliefplatten fertigen sollte, schließlich hatten beide Kan-
zeln als Pendants zu fungieren. Dies bestätigt die Ende 1433 festgesetzte
Zahlungsmodalität: Donatello hätte wie Luca für jede Reliefplatte 40 fL zu
erhalten, würde er dessen Werke übertreffen sogar 50 fl.58 Man griff also
auf das bewährte Mittel zur Qualitätssteigerung, auf Konkurrenzdruck,
zurück.
Bei Luca, der sowieso allen Grund hatte, bei seinem ersten großen offi-
ziellen Auftrag zu brillieren, zeigte das Vorgehen, d.h. der solchermaßen
provozierte Wettstreit, die gewünschte Wirkung. Luca ging von einer präzi-
sen - wohl vorgegebenen - Textgrundlage aus, dem 150. Psalm, dessen ein-
zelne Verse mit je einer Reliefplatte illustriert wurden: Jugendliche Tuba-
bläser für das »Laudate eum in sono tubae«, Zimbeln schlagende Putten für
5/ Poggi, Duomo, doc. 1286; Herzner 1979, Nr. 150; den Forschungsstand zur Can-
toria resümiert Rosenauer 1993, 148-152.
■'*8 Poggi, Duomo, doc. 1287; Herzner 1979, Nr. 155.
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