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Pfisterer, Ulrich; Donatello
Donatello und die Entdeckung der Stile: 1430-1445 — München: Hirmer Verlag, 2002

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.57354#0357

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(Abb. 102).68 Eine in Berlin aufbewahrte Kleinbronze schließlich - mögli-
cherweise eine Wachsfigur, die durch den Guß in Bronze vor der Zerstörung
bewahrt werden sollte - läßt sich mit Herzner, Rosenauer und vielen ande-
ren nicht als Vorstudie Donatellos für den Bronze-David akzeptieren. Vor
allem das Bewegungsmotiv der Kleinbronze, welches im Ansatz bereits eine
figura serpentinata einzuleiten scheint, halte ich mit Donatellos Figuren-
Konzeption für nicht vereinbar.69 70
2. Exemplum virtutis - exemplum artis
Kritik der bisherigen Deutungen
Ein wesentliches, immer noch viel zu wenig beachtetes Charakteristikum
der italienischen Renaissancekunst sei, so John Shearman in seinem jüng-
sten Buch Only connect... the role of the spectator in Italian Renaissance
art (1992), daß «the works of art assume and demand a more engaged spec-
tator«/0 Die Aussage eines Kunstwerkes hätte sich den Zeitgenossen in
ganz neuem Maße durch und in einer Art dialogischer Anschauung er-
schlossen. Dies impliziert zugleich die Forderung, daß auch moderne Inter-
pretationen dieser Evidenz - deren historisch bedingte Logik allerdings der
Rekonstruktion bedarf - genügen müssen. Als einführendes Beispiel dient
Shearman nach einem kurzen Blick in die Alte Sakristei von S. Lorenzo der
Bronze-David Donatellos. Obwohl eine der meist diskutierten Skulpturen
des Quattrocento, fällt sein Resümee zur Forschung resignierend aus: »The
political and the syncretic readings both fail, in my opinion, for their lack
of that realism, in the act of reading what is represented, which is deman-
ded by the style of the sculptor; they are both insufficiently engaged in that
68 Zu diesem Herzner 1978; zusammenfassend Rosenauer 1993, 51 f.
69 Ursula Schlegel, »Problem! intorno al David Martelli«, in: Donatello e il suo tempo
1968, 245-258, mir den besten Argumenten für Donatello; zustimmend Douglas Lewis in:
Donatello e i suoi 1986, 143 f. (Nr. 32); Avery 1991, 123; dagegen überzeugend Herzner
1982, 121-123; Rosenauer 1993, 326f.; die übrige Literatur verzeichnet bei Myssok
1999, 367f.
70 Shearman 1992; auch die bei Shearman verfertigte Dissertation von Johnson
1994. - Die von Shearman beobachtete Ausrichtung der Werke auf den Standpunkt des
Betrachters hin hat speziell für Donatello bereits Munman 1985 untersucht. Ob allerdings
die von ihm postulierten optischen Korrekturen in Ausarbeitung, Haltung und Proportion
wirklich ganz so konsequent auf alle Werke Donatellos anzuwenden sind, bleibt fraglich, s.
dagegen die Munman nicht bekannte Arbeit von Robert Stagg, On the question of optical
compensation in Italian Renaissance art, M.A. Thesis Univ, of Louisville, Kentucky 1979,
und die Rezension zu Munman von Deborah Stott, in: Speculum, 62 (1987), 455 f. - Für
spätere Theorien s. etwa Thomas Frangenberg, »Optical correction in sixteenth Century
theory and pratice«, in: Renaissance studies, 7 (1993), 207-228.

2. Exemplum virtutis - exemplum artis 357
 
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