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raumhaltigen Nische.7 Erzielt wird eine körperliche
Präsenz, die dann freilich mehrfach wieder konterka-
riert wird: Die <zweidimensionale> Tafel mit Wappen
und Inschrift unter dem Porträtierten windet sich
dennoch außen um groteske Gestalten mit Frauen-
köpfen, Brüsten und Löwenbeinen. Visuelle Ambi-
valenzen erzeugen auch die seitlichen Vorhänge, die
von zwei den Dargestellten präsentierenden Putti zu-
rückgehalten werden, in ihrem Verhältnis zum Roll-
werk. Schließlich ruht der ganze Rahmen auf einer
für die Bildnisbüste viel zu schmalen Standfläche auf.
Allein schon dieses virtuose Spiel mit den Bildebe-
nen, die neuartige Invention der Porträt-Präsentati-
on in Verbindung mit der miniaturhaft feinen und
hochdifferenzierten Ausarbeitung lassen den künstle-
rischen Anspruch Woeiriots erkennen. Den sozialen
und intellektuellen Anspruch signalisieren darüber-
hinaus die kostbare Kleidung, das Allianzwappen der
väterlichen Goldschmiedefamilie Woeiriot (drei Rin-
ge) und der mütterlichen Linie de Bouzey aus dem
Lothringischen Kleinadel (steigender Löwe) sowie
die lateinische Inschrift mit ihren gräzisierenden Ein-
sprengseln: «PETRVS WOEIRIOT LOTARINGVS
HAS FACIEBAT EICONAS CVIVS EFFIGIES
HAEC EST ANNO SVAE AETATIS 24» - wörtlich:
«Pierre Woeiriot aus Lothringen hat diese [nachfol-
genden! Darstellungen gemacht, dessen Bildnis dies
ist in seinem 24. Lebensjahr.» Insbesondere auch die
mehrfache, forcierte Verwendung griechischer Begrif-
fe stellt demonstrativ Gelehrtheit aus: so in der etwas
pleonastischen Kombination von pinax und iconicus
(im Sinne von mach dem Leben dargestellter Bild-
tafel«:) oder im Terminus «eikonas» (der Unterschrift
zum Selbstporträt, das seinerseits als «effigies» ange-

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