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IO

Wenn Carei van Mander weiter von ihm berichtet, daß er auch Go-
belinkartons entwarf und später sagt, in Frankenthal habe er die Malerei
aufgegeben, so erscheint das nicht recht glaubhaft. Denn gerade in
diesen Jahren blühte in Frankenthal die Teppichindustrie, für die sich
Joos van Liere, der geübte Zeichner von Gobelinkartons, sicherlich be-
tätigt haben wird.
Am 2. März 1578 wird eine Tochter von ihm Emerentia getauft
(Bl. io1). Außerdem hatte er einen Sohn Joosken, der aber bereits vor
dem Jahre 1574 geboren sein muß. da sein Name im Frankenthaler Tauf-
buche nicht zu finden ist.
1579 macht Joos van Tieres Frau Emerentia ihr Testament. Da sie
darin neben den Armen Frankenthals auch den Armen Cölns eine
Summe Geldes vermacht, so kann man annehmen, daß Joos van Liere
und die Seinigen vor ihrer Niederlassung in Frankenthal kurze Zeit in
Cöln, wo ebenfalls viele niederländische Auswanderer eine Zufluchts-
stätte fanden, gelebt haben.
Am 14. Juli 1580 wird der Künstler im Taufbuche als Zeuge erwähnt
(Bl. 13J); dies ist das letzte Mal, daß er als lebend in Frankenthal genannt
wird. Wahrscheinlich noch in demselben Jahre hat er die Stadt wieder
verlassen. Er wandte sich nach Swyndrecht im W’aesland, wo er das
Amt eines kalvinistischen Predigers aus übte.
Hier starb er, wie Mander berichtet, um 1583.
Von der Art der Kunst Joos van Lieres können wir durch eine sig-
nierte Zeichnung in der Wiener Albertina und durch fünf Stiche, die
Hendrik Hondius nach heute nicht mehr erhaltenen Originalen schuf,
eine schwache Vorstellung gewinnen.
Die Rohrfederzeichnung in der Albertina stellt eine Landschaft dar
und ist bezeichnet: Joost van Lier.
Quer durch das ganze Bild zieht sich eine Anhöhe mit einer großen
Burganlage, die den Ausblick in die Ferne verdeckt. Am Fuße der mit
hohen, zinnenbekrönten Mauern umgebenen Burg liegen zwischen
Bäumen vereinzelte Bauernhäuser, teils am Abhange, teils im Tale.
Reiter, Fußgänger und Wagen beleben das feine, zarte Bild.
Diese Zeichnung, die nicht sehr gut erhalten ist, verrät in ihrer duf-
tigen Ausführung die Hand eines geschickten Künstlers.
 
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