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sionen durchzuführen, wobei eine paritätisch besetzte Kommission von den jeweils realen
Verhältnissen ausging. Nach langwierigen Verhandlungen kam es am 21.11.1705 zur
„Religionsdeklaration", die eine Teilung der Kirchen und ihres Vermögens im Verhältnis
5:2 zugunsten der Reformierten vorsah. Das heißt: Alle Kirchen einer Stadt bzw. einer
Inspektion wurden in Klassen zu je 7 Kirchen oder Kirchenteilen zusammengefaßt und
dann nach dem jeweils höchsten Konfessionsanteil in 5 für die Reformierten und 2 für die
Katholiken geteilt. Das jeweils zugehörige Vermögen folgte den zugeteilten Kirchen. Die
Lutheraner waren auf Einspruch der Reformierten von der Kirchenteilung ausgenommen.
In der Regel wurden ganze Kirchen den einzelnen Gemeinden zugesprochen; mußten Ein-
zelkirchen geteilt werden, dann erhielten die Katholiken den Chor und die Reformierten
das Schiff, die dann durch eine Quermauer getrennt wurden, wie das z.B. in der Heilig-
geistkirche in Heidelberg praktiziert wurde und dort bis 1935 Bestand hatte.
In der Inspektion Ladenburg gab es zwei Klassen zu je 7 Dorfkirchen. In der Klasse 1
erhielten die Katholiken Feudenheim und Heddesheim, die Reformierten Schriesheim,
Wieblingen, Neckarau, Oftersheim und Sandhofen; in der Klasse 2 der Ladenburger
Inspektion erhielten die Katholiken Schwetzingen und Ilvesheim und die Reformierten
Plankstadt, Edingen, Wallstadt, Käfertal und Eppelheim. So verloren im Ergebnis der
Kirchenteilung die Reformierten 2/7 ihres vorherigen Kirchenvermögens, das nun dem
Aufbau der katholischen Pfarrgemeinden diente. Nach dem Vorbild der reformierten
geistlichen Administration übernahm eine neugegründete katholische geistliche Admini-
stration oder Pfälzer Kirchenschaffnei die Verwaltung des neuen Kirchenvermögens.
Trotz großer Schwierigkeiten im einzelnen bei der Durchführung der Religionsdeklaration
und heftigen Streites, in den sich auch das Ausland, vor allen Dingen Brandenburg-Preu-
ßen einmischte, war es doch mit diesem Gesetz gelungen, den Konfessionen eine Basis zu
geben, auf der sie sich nebeneinander entwickeln konnten; denn allen Versuchen, die
jeweils andere Konfessionen mit Hilfe des Staates gewaltsam zu unterdrücken, war damit
abgeschworen. Für hundert Jahre verlief nun die Pfälzer Kirchengeschichte nach den Kon-
vulsionen des 17. Jahrhunderts in ruhigeren Bahnen, wenn es auch immer wieder zu ein-
zelnen Konflikten kam, wie z.B. zum Streit um die Heidelberger Heiliggeistkirche, der
1720 unter dem Kurfürsten Karl Philipp zur Verlegung der Hauptstadt nach Mannheim
führte.

War bis in die 90er Jahre des 17. Jahrhunderts der katholische Bevölkerungsteil ständig
zurückgegangen, so stieg er im 18. Jahrhundert unter den nun katholischen Kurfürsten
wieder an, vor allem durch Zuwanderung aus katholischen Gebieten. Er machte am Ende
der Kurpfalz zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Oberamt Heidelberg 40 % der Gesamtbe-
völkerung aus. Trotz der nicht-katholischen Mehrheit erschien die Kurpfalz des 18. Jahr-
hunderts dem äußeren Bild nach fast als katholisches Land; denn überall feierte man mit
größter Prachtentfaltung öffentliche Gottesdienste und Wallfahrten. Im ganzen Land
wurden neue Kirchen und Kapellen erbaut - an ihrer Spitze die glänzende Hofkirche
y esurtenkirche) in Mannheim. Allenthalben wurden Bildstöcke und Wegekreuze errichtet
w~. Häuser mit Heiligenbildern geschmückt. Im Herzen Heidelbergs ragte sogar die
deari^nsäule auf. So wurde im 18. Jahrhundert im äußeren Bild der Pfalz der Bildersturm
s lo. sehr zum Groll der Reformierten wieder rückgängig gemacht [Meinrad Schaab, die
147 ™erStdlun8 des Katho»zismus in der Kurpfalz, in ZGO, Bd. 114, 1966, S.
Kurnf i Eduard EuSen Leidner, Entwicklung der kath. Religionsverhältnisse in der
Diehl a V°n dCn Reunionen bis zur Kirchenteilung (1680 -1707), Speyer, 1930; Wilhelm
der ß' Unter8ang der alten reformierten Gemeinden im Pfälzer Amt Starkenburg an
ergstraße 1623-1650, Hirschhorn 1904; Karl Hauck, Karl Ludwig, Kurfürst von

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