Carlos Grethe: Freiwache. Ölbild (Größe IZ5: 85 ein).
Er schildert uns beispielsweise m dem Bilde von
1888 die kindlichen Vergnügungen der Matrosen an
Bord, die unter den Klängen einer grotesken Musik ihre
grotesken Tänze aufführen, und noch später, um die
Mitte der neunziger Jahre, läßt er im südlich blauen Meer
einen Tritonenjungcn erscheinen, der einen fliegenden Fisch
zu Haschen sucht, oder er verkörpert die drobende Macht
der andrängenden Sturzwellen in den Nereiden, die sich
aus das Rettungsboot werfen. Seitdem er sich indessen
ganz gefunden hat und mit der Sicherheit ^dcs Voll-
endeten den eigenen Weg geht, ist es ihm klar geworden,
daß anekdotische Zutaten, die wir anderen, den Erzähler-
talenten, nicht verargen wollen, für ihn ein entbehrliches
ja störendes Element bedeuten. Was er an Heiterem,
Ernstem und
Großem zu sa¬
gen hat, das
kann er ans
dem reinenEin-
druckdcrNatur
schöpfen. Es
ist ja die schön¬
ste Mission der
sogenannten
Naturalisten,
daß sie Dinge
zum Reden er¬
wecken, die der
blöden Masse
stumm bleiben.
Am reinsten
spricht zu uns
aus Grethes
Bildern immer
das Meer. Er
weiß einen
wundervollen
Ausdruck für den Charakter des Weichen, Fließenden in
der nimmermüden Wasserfläche zu finden, die sich mit den
allerfcinsten Schleiern feuchten Dunstes der Atmosphäre
verbindet. Wie hart, beinahe hölzern erscheinen dem
Auge, das sich von seinen Bildern abwendet, die pathe-
tischen Wogen der landläufigen Marinemaler! Man ver-
folge nur einmal auf seiner „Einfahrt" die Bewegung
der langen glatten Welle, durch die der Fischkutter am
Molenkopf vorbei in den Hafen gleitet. Das ist nicht
nur gesehen, das ist erlebt, gefühlt von einem, der mit
der Welle dahinglitt, viele tausend Male, bis er ihren
Rhythmus verstand, als ob er sein eigener Pulsschlag
wäre. Oder man sehe das Meer zu anderer Stunde,
beruhigt, kaum bewegt durch träge schwache Wellen in
rosiger Abend-
dämmerung.
Am Horizonte
verschwimmen
Wolken und
Wasser in eins.
Vielleicht hat
es tagsüber ge-
regnet; denn
langsam ver-
ziehen sich die
hochgctürmtcn
Wolkenmassen,
die an ihrem
Saume, vor
dem grünlich-
blauen Him-
mel, rosig er-
glühen. Dies
Wolkcngebirge
ist der deut-
lichste Umriß in
dem Bilde,
Carlos Grethe: Lustige Seeleute auf einem Walfischfänger. Ölbild (Größe Z00:200 om).
S
Er schildert uns beispielsweise m dem Bilde von
1888 die kindlichen Vergnügungen der Matrosen an
Bord, die unter den Klängen einer grotesken Musik ihre
grotesken Tänze aufführen, und noch später, um die
Mitte der neunziger Jahre, läßt er im südlich blauen Meer
einen Tritonenjungcn erscheinen, der einen fliegenden Fisch
zu Haschen sucht, oder er verkörpert die drobende Macht
der andrängenden Sturzwellen in den Nereiden, die sich
aus das Rettungsboot werfen. Seitdem er sich indessen
ganz gefunden hat und mit der Sicherheit ^dcs Voll-
endeten den eigenen Weg geht, ist es ihm klar geworden,
daß anekdotische Zutaten, die wir anderen, den Erzähler-
talenten, nicht verargen wollen, für ihn ein entbehrliches
ja störendes Element bedeuten. Was er an Heiterem,
Ernstem und
Großem zu sa¬
gen hat, das
kann er ans
dem reinenEin-
druckdcrNatur
schöpfen. Es
ist ja die schön¬
ste Mission der
sogenannten
Naturalisten,
daß sie Dinge
zum Reden er¬
wecken, die der
blöden Masse
stumm bleiben.
Am reinsten
spricht zu uns
aus Grethes
Bildern immer
das Meer. Er
weiß einen
wundervollen
Ausdruck für den Charakter des Weichen, Fließenden in
der nimmermüden Wasserfläche zu finden, die sich mit den
allerfcinsten Schleiern feuchten Dunstes der Atmosphäre
verbindet. Wie hart, beinahe hölzern erscheinen dem
Auge, das sich von seinen Bildern abwendet, die pathe-
tischen Wogen der landläufigen Marinemaler! Man ver-
folge nur einmal auf seiner „Einfahrt" die Bewegung
der langen glatten Welle, durch die der Fischkutter am
Molenkopf vorbei in den Hafen gleitet. Das ist nicht
nur gesehen, das ist erlebt, gefühlt von einem, der mit
der Welle dahinglitt, viele tausend Male, bis er ihren
Rhythmus verstand, als ob er sein eigener Pulsschlag
wäre. Oder man sehe das Meer zu anderer Stunde,
beruhigt, kaum bewegt durch träge schwache Wellen in
rosiger Abend-
dämmerung.
Am Horizonte
verschwimmen
Wolken und
Wasser in eins.
Vielleicht hat
es tagsüber ge-
regnet; denn
langsam ver-
ziehen sich die
hochgctürmtcn
Wolkenmassen,
die an ihrem
Saume, vor
dem grünlich-
blauen Him-
mel, rosig er-
glühen. Dies
Wolkcngebirge
ist der deut-
lichste Umriß in
dem Bilde,
Carlos Grethe: Lustige Seeleute auf einem Walfischfänger. Ölbild (Größe Z00:200 om).
S