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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 14.1907

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Heft 12
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Ausstellungen von Handzeichnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26457#0192

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Adolf Luntz: Dinkelsbühl.


usstellung voll Handzeichnungen.
Die schönen Worte über Handzeichnungen im
vorigen Heft der „Rheinlande" haben zu einer
Ausstellung geführt, die gegenwärtig im Kunsigewerbe-
Museum zu Düsseldorf annähernd tausend Nummern
von 125 Künstlern vereinigt. Wygodzinski hat uns
schon gesagt, wie etwa ein Sammler seine Leidenschaft
begründen könnte, diesen Heimlichkeiten der Kunst nach-
zuspüren. Er hat es nut so viel Liebe und Geschick
gesagt, daß es uns andern nun wirklich vorkommen
muß, als sei eö mit solchen Handzeichnungcn etwas
ganz Besonderes. Und in der Tat, wer sich in den
beiden Lichthöfen des Kunstgewerbe-MuseumS aufmerk-
sam umsteht, wird bald seine besonderen Gedanken
haben. Und wenn der Leser mir nach den seinen Sätzen
von Wygodzinski noch folgen will, so möchte ich
ihin folgendes sagen, was mein „Vorredner" noch nicht
wissen konnte, weil er die Ausstellung erst veranlaßte,
die ich nun sah.
Nämlich nach der ersten Verwunderung, auch wohl
Verwirrung über so viel zeichnerische Blätter überrascht
der Reichtum der Einfälle und die Sicherheit ihrer
Notiz so sehr, daß man die heutige Malerei — inmitten
dieser Blätter überlegt — ein bißchen lahm und auch
ein bißchen ärmlich empfindet. Waö man auch sonst
behaupten hört: daß die Skizze, die rasche Niederschrift
von einem Einfall daö moderne Erbteil sei, daneben
treue Sorgfalt und mühsame Vollendung als alt-
modisches Gerümpel ständen, das scheint hier durchaus
bewiesen. So sehr, daß man vor amüsanten Blättern

und witzigen Mitteln von Leuten stehend, deren Bilder
wahrhaft ledern sind, an eine künstlerische Hochflut
glauben möchte.
Und daö in einer Zeit, die konsequent aufs „Male-
rische" geht! Waö natürlich nur in solchen papierenen
Worten ein Gegensatz ist. Denn man braucht sich nur
in dieser Ausstellung eine Minute lang die Augen zu-
zuhaltcn und an die Zeichnungen etwa der Nazarener zu
denken, um dann sie wieder öffnend zu erkennen: daß
heute kaum einer noch „auf Linie arbeitet", daß ihnen
samt und sonders die Fleckenwirkung die Hauptsache und
fast das einzige ist, worauf sic technisch gehen, daß also
zum wenigsten in den Köpfen und Notizen der Künstler
der Impressionismus längst gesiegt habe, daß es an-
scheinend nur noch an der Energie und an dem Gefühl
für Farbe mangele, auch in den gemalten Bildern
diesen Geist der neuen Zeit siegreich zu zeigen.
Insofern könnte man eine solche Ausstellung von
Handzeichnungen wirklich so etwas wie einen Kunst-
barometer nennen, der steigend heiteres Wetter anzeigt.
Wobei dann freilich abzuziehen wäre, daß wir Deutsche
zweifellos im Zeichnerischen überhaupt beanlagter sind,
was inan beliebig und gleicherweise mit Dürer oder
etwa den Simplizffsimuszeichncrn belegen könnte? Oder
mit den Titelblättern der „Jugend", womit die Herr-
schaften von der Münchener „Scholle" ebenso ent-
zückten, wie sie nachher mit ihren großen Bildern im
gleichen Stil enttäuschten.
* Die übrigens amüsanteiweise gleichzeitig auch in Düssel-
dorf zu sehen sind in einer reichhaltigen Ausstellung der Schrobs-
dorffschen Buchhandlung.
 
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