Mar Länger! Birkengarten.
wollte. Vielleicht mächtiger noch als damals, jedenfalls
grundsätzlicher und weniger spielerisch, setzt bei uns eine
Rückkehr zur Natur ein, und zwar nicht zur Natur-
schwärmerei, sondern zur natürlichen Lebensweise. Licht-,
Lust- und Sonnenbäder sind neue Entdeckungen unserer
Zeit, und wer dieses Innen- und Außenbad, diese vor
jedem neugierigen Blick geschützten Wandclgängc bei
Länger mit der kümmerlichen Badeschachtcl in Schwetzingen
vergleicht, der wird bald merken, daß es sich bei Läuger
um ein verjüngtes Lebensgefühl, um neue Lebens-
gewohnheiten handelt, und daß also schon in seinem
Zweck dieses Badhaus etwas Unvergleichliches zu dem
in Schwetzingen ist.
Und mehr noch in der Kunst. Ganz abgesehen davon,
daß wir in Schwetzingen heute nur noch einen barbarisch
verkleisterten Rest der ehemaligen Anlage sehen, in der
die chinesischen Schrullen der damaligen Zeit besonders
ärmlich und albern wirken: auch den Bau von Pigage
iinverstümmelt gedacht, es scheint wohl, der Läugersche
in seiner weiten und freien Öffnung zum Garten könne
sich daneben sehen lassen. Wir haben so leicht einen
Heidenrespekt vor historischen Dingen, und der
vergangene Jugendstil hat uns viel dreisten
Übermut genommen; aber es mehren sich
die Zeichen, die unser rechtschaffenes Ver-
trauen nicht enttäuschen. Man gebe Läuger
einen Karl Theodor, und er wird uns einen
Bau derart dahinstellen, daß wir vor der
Nachwelt damit bestehen könnten. Zumal
Läuger, bevor er anfing zu bauen, als dekora-
tiver Künstler von großen Gaben sich bewährt
hat. Seine Jnnenräumc, ganz auf schlichte
Wohnlichkeit gemacht, zumeist mit braunem
Holz und Kacheln, sind bekannt; mehr noch
seine Töpfereien; weniger aber seine Wand-
brunnen und Oefen, in denen wir Deutsche
wirklich so etwas wie einen verborgenen
Schatz besitzen:
Dinge von schlichter Form, zumeist in
einfarbigen Kacheln aufgcbaut, denen dann
irgendwie als Band ein farbiges Flechtwerk
von ornamentalen: Blattwerk entspringt:
schmale und brcitgebautc Kachelöfen nach
schöner deutscher Art, Brunncnsäulen mit
keramischen Intarsien und farbige Wand-
platten, ein Becken und einen Ausfluß um-
rahmend: von: einfachsten bis zum schmuck-
vollsten Gegenstand hatte Läuger eine schier
unübersehbare Reihe geschaffen, ehe er zu
bauen begann; auch hatte er mir seinen
in Säulen oder Wände eingelegten farbigen
Platten ein unzerstörbares Wirkungömittcl der
Baukunst gegeben: Man möchte fast meinen,
er habe dies alles in: Dienst einer neuen
Bauweise geschaffen, aber cs hätten die
Baumeister gefehlt, dergleichen Sachen zu ver-
wenden. Und so sei dem Keramiker zuliebe
eines Tages der Baumeister Läuger ent-
standen, aus wahrhaftiger Notdurft. Es ist
hier eine Brunncnsäule mit einer Kugel ab-
gebildet, auch lassen die übrigen Photographien die artige
Verwendung seiner Glasuren wohl erkennen; durchaus
nicht jene berüchtigte Verwendung eines selbsterfundenen
Schmuckmotivö oder einer Material-Erfindung, darin
gerade Architekten so fürchterlich sein können. Überall ein
sparsam wägender Künstler, wie wenn er sagen wollte:
seht ihr, mit so bescheidener Anwendung meiner Mittel
wäre ich zufrieden gewesen, wenn ihr mich gewollt
hättet! Jetzt baue ich eben selber.
Und er baut wahrhaftig: Bei Freiburg eine ganze
Gartenstadt in einem Wiesenwaldtal anmutig gelegen.
Da wird man sehen können, ob er in dieser Ausstellung
zu viel versprochen hat. Denn daß er das Zeug zu
einen: wahrhaften Stadtbaumeister hat — in: Sinn des
Wortes nicht als modernes Amt gemeint — das hat er
in Mannheim außer in den Bauten und Gärten auch
durch die ausgezeichnete Platzanlage bewiesen. Nur wenige
Besucher werden, abgesehen von der räumlich zu ab-
gelegenen Kunsthallc, bemerken, wie ungünstig die ge-
gebenen Verhältnisse waren: vorn an der Straße der
breitgezogene Streifen vor dem Wasserturm, dahinter
der runde Platz, dann hinter dem Durchgang in der
Achse sich verschiebend die langgestreckte Fläche der eigent-
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