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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 14.1907

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Heft 8
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Weizsäcker, Heinrich: Die Cronberger Malerkolonie
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https://doi.org/10.11588/diglit.26457#0052

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Anton Bürger! Landschaft mit pflügendem Bauer.

ie Cronberger Malerkolonie.*
In jener Periode unseres nationalen Geistes-
lebens, die man unter dem Gcsamtnamen
der romantischen zusammensaßt, ist die Geschichte der
bildenden Künste in Deutschland zu verschiedenen Malen
eng verflochten gewesen mit der besonderen Ortsgeschichte
der Frankfurter Kunst. In Frankfurt hat die von
Rom auSgegangene deutsche Frühromantik in der Person
deS Nazareners Philipp Veit ihre reinste Darstellung
auf heimatlichem Boden gefunden, nicht minder aber
Hal hier ein späterer und wesentlich anders gearteter
Ableger der romantischen Bewegung Wurzel geschlagen,
welcher von der durcb Schadow geleiteten Düsseldorfer
Schule aus dortbin verpflanzt wurde. Der namhafteste
Anhänger dieser jüngeren Düsseldorfer Romantik und
zugleich ihr langjähriger Vertreter an der Kunstschule
des Städelschcn Instituts war Jakob Becker, auch
Becker von Worms nach seinem Geburtsort geheißen,

* Aus „Kunst und Künstler in Frankfurt am Main
im neunzehnten Jahrhundert" (Selbstverlag des Frank-
furter Kunstvereins) mit liebenswürdiger Erlaubnis des
Frankfurter Kunstvereins hier abgedruckt, rind zwar
aus dem ersten Teil „Das Frankfurter Kunstleben im
neunzehnten Jahrhundert" von Heinrich Weizsäcker.
Dieser Teil erscheint in einigen Wochen mit III Seiten
Tert und 52 Lichtdrucktafeln. Wir kommen dann noch
darauf zurück. Die Red.

bekannt durch seine mit landschaftlicher Szenerie ver-
bundenen Genrebilder, die heute noch, und namentlich
im Main- und Rheingebiet, in Nachbildungen weit ver-
breitet sind. Gleichen Anteil hat jedoch an der eigen-
artigen Entfaltung des damaligen Frankfurter Kunst-
lebens mit Becker Jakob Fürchtegott Dielmann gehabt,
der mit ibm von Jugend auf befreundet, auch ungefähr
gleichaltrig gewesen ist. Weniger vom Glück begünstigt,
auch minder produktiv begabt als Becker, hat Dielmann
zwar an Popularität wie an äußeren Erfolgen hinter
diesen: zurückgestandcn. Wägt man jedoch die Arbeits-
erträgnisse beider Künstler nach ihrem bleibenden ideellen
Werte gegeneinander ab, so neigt sich die Wagschale
ohne Zweifel zu DiclmannS Gunsten. Diclmann ist cs
insbesondere gewesen, der in Frankfurt die dorthin ver-
pflanzte Düsseldorfer Kunstweise lebensfähig gemacht
hat, indem er ihr einerseits die akademische Befangen-
heit nahm, anderseits die Freiheit einer gesunden und
individuellen Weiterentwickelung gab. Auch das Beste,
was Düsseldorf unter Schadowscher Regie geleistet hat,
ist Atelierkunst geblieben, ohne Fühlung mit der be-
sonderen Bestimmtheit irgend eines lokalen oder volks-
tümlichen Charakters. Diese Art hätte ebensogut an
jedem andern deutschen Kunstzentrum, in Karlsruhe
oder in Weimar, oder wo man sonst will, ihre
Pflege finden können. Daß aber aus dem fremden
Lernstoff in Frankfurt eine eigene heimische Kunst
hcrvorging, hat erst Dielmanns Eintreten möglicb ge-
macht.
 
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