Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]: Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein (14.1907)

Die Schätzung der Plastik.

Rücksicht auf seine wissenschaftliche Erklärbarkeit, aus-
gelesen lediglich nach der Höhe und Kraft der künst-
lerischen Gestaltungswcise, so daß dieses mit so gutem
Erfolg eingeleitete Unternehmen nicht in den Anfängen
stecken bleibe. Die energischsten und kontinuierlichsten
Sammler sind ja doch die Museen. Langsam aber
unwiderstehlich saugen sie die historischen Kunstwerke
ein, auch die Werke, welche sich in: Privatbesitz befinden.
Dies mag zehn Jahre oder viele hundert Jahre dauern,
es liegt doch in der Natur der Sache, daß die Sta-
bilität des Gemeinwesenbesitzcs den Sieg über den viel

größeren Gefahren der Auflösung ausgesetzten Privat-
besitz davontragen muß. So ist es nie zu spät, ein
Museum zu gründen. Jede Stadt sollte eins gründen.
Eö beweist nur Mangel an historischem Sinn und an
politischer Voraussicht, wenn man meint, es verlohne
sich nicht mehr, es sei zu spät. Je größer, je reicher
und kunstliebender eine Stadt, desto eher lohnt es sich,
ein solches Saugorgan zu besitzen. Nichts aber ehrt
das Ganze mehr, als ein Gemeinbesitz, der durch den
Feinsinn des Einzelnen ermöglicht wurde.
Fritz Wichert.


Vorderansicht der Porträtbuste.