Otto Boyer.
illiam Straube.
In dcr Ausstellung von Handzeichnungcn
zu Düsseldorf wirkten auf sehr zarte Weise
die Blatter von William Straube, der in Koblenz als
Zeichenlehrer lebt und jüngst in der Kunsthalle zu
Düsseldorf durch eine Kollektiv-Ausstellung überraschte,
von der an dieser Stelle wobl gesprochen werden muß.
Nicht nur, weil es sich um einen Künstler von zwar
zarter docb eigenwilliger Besonderheit und Vollendung
handelt, sondern auch, weil ihm die Gefahr zu drohen
scheint, durch seine aufreibende Berufsarbeit in dcr
Entwicklung gehindert zu werden.
Zwar will es scheinen, als sei gerade die knappe
Zeit, die dem Zeichenlehrer bei 26 Pflichtstundcn
wöchentlich für seine künstlerische Nebenbeschäftigung
blieb, nicht ohne Einfluß auf die sympathische Seite
seiner Kunst gewesen, indem der energische Strich seiner
Pastellbildnisse, die rasche Andeutung seiner Buntstift-
zeichnungen noch etwas von der Kostbarkeit der Augen-
blicke an sich trügen, in denen sie rasch gewonnen
werden mußte». Aber daö hieße doch in den bürger-
lichen Aberglauben zurückfallcn, daß es dem Künstler
schlecht gehen müsse, wenn man nun etwa von einer
Zeichenlehrerstelle einen Ansporn für die künstlerische
Entwicklung erhoffte.
Nie genug kann aus das Beispiel Gottfried Kellers
hmgewiesen werden, der zwar zehn Jahre lang ein vor-
trefflicher Ratsschreiber war, aber als Poet in dieser Zeit
nichts hervorbrachte. Natürlich stiebst der Künstler sich,
wenn er jung ist, seine Zeit; aber wenn es gegen die
Vierzig geht — und das ist der Fall bei William
Straube — dann pflegen die Nervenkräste zu ermatten
in diesem steten Kamps um die Kunst. Zumal dann
auch gewöhnlich die eigentliche Arbeit einzusetzen hat,
indem der Künstler mit seiner wirklichen Begabung nach
den vermeintlichen der Jugend im reinen ist, und nun
beweisen muß, ob er die Kraft zum Ausbau dieser Be-
gabung bat, oder zu ihrer Ausnutzung in Manier ver-
fällt, was daS Schicksal der meisten ist.
An diesem gefährlichen Punkt scheint mir Straube
heute zu stehen. Seine Bildnisse, seine nebclsonnigen
Rheinlandschasten, Kinderszenen, alles in einer voll be-
herrschten Pastelltcchnik, bald derb und kübn, bald zart
und weich gemacht: sind kaum noch in dieser Art zu
übertreffen. Namentlich seine Porträts, die eine stupende
Almlichkeit mit einer überaus lebendigen Auffassung und
einer farbig interessanten rasch und nervös hingeschriebenen
künstlerischen Mache vereinigen. (Die beiden Proben sind
der dargestcllten Persönlichkeiten wegen gewählt, die
Übereinstimmung im Arrangement ist ganz zufällig, sonst
ist dcr Künstler auch hierin von der größten Beweglich-
keit.) Seine Darstellungen der Koblenzer Rheinland-
schaft sind etwas anderes als die beliebten Motivbilder,
einfache Dinge, in denen der silbrige Dust, die weichen
Lüste und die verhangenen Farben aufs zarteste wieder-
gegeben sind. Meist aber doch nur Notizen, denen man
ansieht, wieviel mehr bei konsequentem Studium der
Maler erreichen könnte.
Vielleicht geben diese Worte Anlaß, ihm irgendwie
dazu zu Helsen. Die Kunst hätte sicher etwas dabei
gewonnen. S.
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