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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 21.1911

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Heft 3
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Oswald, Josef: Basler Milieustudien
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https://doi.org/10.11588/diglit.26495#0117

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SBaflet SNitieujlubien.

rief allmählich eine bemußt geübte Kulturpolitif ßervor.
So erfennt man in ben glorreicßen Anfängen bet ^)ocß:
fcßule bag iBorbilblicße für ben erneuten Auffcßmung
im verflogenen Soßrßunbert. 3Bie mit ißt bog Anbenfen
an bie grüßgeit eineg SReucßlin, eineg Geiler von Koiferg:
berg verfnüpft iß, mie 58afel einen Sebaßian 5Brant fo
lange ßielt, big fein Stuf aig 5f)oet unb Snriß ißm eine
Aufteilung in ber 5Baterßabt verfcßaffte, fo ßat eg neuer*
bingg, mie übrigeng aucß ßüricß unb 58ern, eine un:
gemeine Witterung für vielverßeißenbe prüfte an ben
Dag geiegt. Um nur bog berüßmteße 5Beifpiel gu nennen:
SRießfcße mürbe gum sptofeffot beßellt, bevor er Doftor
mar. 5Begeicßnenb ift aucß, boß man einß ben genialen,
aber abenteuerlich umßergiehenben ßäoracelfug alg Stabt:
argt unb Dozent verpflichtete gum Entfeßen ber Kollegen,
bie ihn halb mieber fortärgerten, baß man 5Befal, ben
58aßnbrecßer ber Anatomie, bei einer Anmefenßeit in
iBerloggangelegenßeiten an bie Univerfität gog, um tim
gum erfien SRale bag Scßoufpiel einer flafftfcßen ^onb:
hobung beg Sfolpellg gu bereiten.
deiner ßat eine leuchtenbere Spur ßinterlaffen alg
jener Sltalerfürß. 3Bag äug ben jtorf gmölf Saßren,
bie er im (Sanken in 58afel verbracht hat, an Kunßmerfen
ber Stabt verblieben iß, gehört gu ihren am meifien
beneibeten (Gütern. Sie hoben gmeifellog befonbere
lofale SBirfungen geübt. 9)ian fann g. 58. fich vorßellen,
mie unter bem Einfluffe feineg Amerbacß, biefeg viel:
feitigen Soßneg einer geißig bemegten ßeit, einförmige
^anbelgßerrenerißengen fich geweitet hoben gu ebler
görberung von SSiffenfcßoft unb Humanität. Unb mit
melden 5Bli^en mag an bem Eragmugporträt ber junge
58urdßorbt gehangen haben, alg er im 58anne von iBoltoire
unb „feiner geliebten Encpflopäbtßen" fionb, benen er
bie Elegang ber gorm in Schrift unb Siebe verbanlt
((gelber). Schließlich muß bie gange foßbore ßinterlaffen:
fcßoft an ßolbeinmerfen, bie erß im 17. Soßrßunbett
aug gomilienbeßh üniverfitätgeigentum mürbe, menig:
ßeng fpotabifch bie Entmicfelung eincg Kunßftnneg be:
günßigt haben, ber vielleicht lange, ehe 5Böcflin ouftrat,
eineg neuen großen Künßlerg in Stafel geharrt hat.
Auf ber ßöße von ßolbeing Stußm mar bie ent:
fcßeibenbe 3Benbung von ber einen gut anberen Epocße
eingetreten. Einen Moment — unter bem 3Büteu beg
5Bilberßurmeg — fchien alle fünßlerifcße Kultur in grage
geßellt. Der füßne Sobrebner ber Starrheit hotte ftcß
mißmutig ing 58reiggau begeben. Aucß ben genialen
monbgeicßner hielt eg nicht lange mehr. Sn feinem
Unterhalt bebroht, jegelte er mieber noch &em Dotabo
ber ^orträtißen, bem ßinfort meber Mahnungen noch
58itten ihn entriffen. Doch bet 5Boben 5Bafelg mar gu
fehr butcßbrungen von Kulturfräften unb Sntereffen, alg
boß er nicht halb einer neuen Saat fich geöffnet hatte.
Eg mar bie Kultur ber Sftefügionten, beren ßouptßärfe
im ßanbel lag, fomie in mancherlei gum Deil neuen S"-
bußrieen aug bem Süben. Um einer Überflutung mit
5Belfcßen vorgubeugen, hotte eine fulturpolttifcß michtige
Augiefe ßottgefunben. Stur mer über 5Bermögen ober
hoch über geißige Kapitalien verfügte, erlangte bag
^Bürgerrecht. So entßonb eine reltgiög unb fogtol gleicß:
artige Schilt, bie jonß bunt genug gufammengefcßmemmt
mar aug beutfchen, frongöfifcßen unb italienifcßen Sprach

gebieten. Ehen untereinanber, aber auch mit Gliebern
alteingefeffener gamilien bereiteten einen feßeren Kitt
unb eine einheitliche gärbung, inbeg biefer iBertnifcßung
ein ^otrigiat entmuchg, bag in ber Statgßube mie im
Kontor, auf ber Kanzel mie auf bem Kotheber gu ^)aufe
mor. Der ^rennpunft bet iBofler Kultur blieb bie ^och-
fchule. Sn ihrer mittleren ßeit maren bie Sehtßüljle vor:
miegenb mit Einheimißhen befe$t. Elelehrtengefcßlechter
hatten fich entmidelt, beren SRamen in ben ß)tofeffoten:
lißen höuftg miebetfehren, feiner öfter alg ber 91ame
iBurcfharbt, ber fdfjon big 1778 gehnmal vertreten iß.
Sbeol moren bie iBerhaltniffe freilich nicht, g. 58. baß bei
Ernennungen bag Sog entfclßeb. Smmethin fiel 58afel
auf einem (Gebiete eine führenbe Slolle gu burcß jene
SRathemotiferfamilie, bie in brei aufetnanberfolgenben
Generationen acßt iBetüfmttheiten hervorbrochte, von
benen bie beiben Alteßen neben Seibnig unb Slemton ge-
nannt merben. ßu biefen 5Bernoullig gefeilt ficß noch
Seonharb Euler, menn er auch lebtgltch burch Geburt
unb Stubiengeit ber Stheinßabt angehört.
Kultur im allgemeineren Sinne mürbe fobann ge:
förbert burch ben ßetig fich ermeiternben Kreig von ^anbel
unb Subußrie. -Spotten bie SMigiongflüchtünge mit ihren
bem Sutug bienenben Gemerben onfangg ben engen
gormen ber beßehenben ^tanbmerferorbnungen ficß an-
paffen rnüffen, fo trugen fie bocß unmtllfürlich ben Keim
ber Slluflofung in bie ßatten Gebtlbe. „Seit 1691 ßef)t
bag gabriftvefen 5Bafelg bem feinblichen ßunftmefen
gegenüber befinitiv gefiebert bo." (Geering.) Allmählich
fam bie Erißeng großer ^anbelgherten in entfpreeßenben
5Baumerfen gum Augbrucf. Eg erhoben fich om Sihoiu:
fprung bie heute noch impofanten ^olaße, von benen bag
„meiße ^)aug" beg Sofob Sarafin literargeßhichtlich inter:
effante SBegiehungen hotte gu Savater unb speßologgi,
gu Seng unb Klinget, gu bem SBetfaffet beg „Atbinghello"
unb Anberen. Daß bie Siebe gut iBoterßobt eine ver-
ßänbige SBanbetluß nicht augßhloß unb Geßhoftgreifen
etnb Sliagißerfahrten oft meit fich ougbeßnten, führte gu
unaufhörlichen SBetühtttngen ntit anberen Kulturlanbern,
mobet ber ßug noch Stolien eine bemerfengmerte SRolle
fptelt. Sogar unter ben mobernen Erforfchern frember
Erbteile mor 5Bofel bereitg an ber Seemeile beg neun:
gehnten Sahth^oöertg mit einem feiner 5Burcfharbtg
vertreten.
Eg moljnte bem Geiße biefeg Kulturmilieug eine
Sebengfroft inne, bie ber gtunbßürgenbe 3Bonbel einer
anberen ßeit mohl gu bebroßen, boeß nicht gu brechen
vermochte. Durch bie Sogreißung von SBafeüSonb (1833)
empfindlich genug getroffen, bot bie Stabt mirtfchoftlich
unb miffenßhaftlich alleg auf, um fich wie bigljer gu be:
houpten, inbeg ein gemeinnüßiger Sinn von ungemöhn:
ließet Größe b'tfreicß ßervortrat. Do moeßte benn bie
überall ermoeßte SReigung für vaterlönbifcße Gefcßicßte
unb Kunß, mie ber 9Ruf ber geierßunbe, froße ßuflucßt
unb frifeßen Antrieb verheißen. Eine gülle von ürfunben,
Denfmalern, Kunßfcßoßen in öffentlichem unb privat:
befi$ ßorrte ber Erforfcßung. Docß müßrenb ber meit:
feßießtige Stoff erß allmoßlich Geßalt gemann, bilbete
fteß in Sofob SBurcfßarbt, Hießt oßne baß er an lofal:
gefcßicßtlicßer Aufgabe bie fertige ^anb erprobt ßotte,
ein Slieißer univerfalcr SBetracßtung. Sßm auf bem guße
 
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