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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 21.1911

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Heft 6
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Bab, Julius: Der zweite Faust auf der Bühne
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Steinhausen, Wilhelm; Trübner, Wilhelm; Thoma, Hans: Drei Gutachten zur deutschen Schrift
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https://doi.org/10.11588/diglit.26495#0237

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$)tet @uiad)tett ;ut beutfc^en Schuft.

erffeint. Dabei meine ich nicft, baf ich bie tintige
Slntmort auf folcfe gragen geben fönnte, ober baf eg
überhaupt eine abfolut richtige Antwort auf btefe gragen
gibt. Slber mie (Goethe im Snnern febeg S)?enfhen, für
ben er mahrhaft fruchtbar merben foll, neu geboten rtnb
in einmal einiger Eiefalt erfaßt merben muff, fo muff
auch bag reprafentative, bag ifn ganz umfaffenbe (Goethe:
merf ittbivibuell unb eigenmillig erlebt unb irgenbmte
mit partetiffer, einfeitiger Setonung lon^entriert
merben, um ein fiatfeg Süfnenleben ^u geminnen.
Eiemif mirb febe folche Konzentration eine Einfeitigfeit
bebeuten, bie anberg @ef tmmte Verarmung unb Sftdnm
freiten merben. Slber ber S)fut zu folgern St^nm ffeint
mir ^ier höcffe Pflicht, fcfeint mir unerlaflicbe Sot-
bebingung, menn aug biefem göttlich vielfeitigen (Ranzen
ein @ebilbe entfielen foli, zufammengerafft genug, um
im itbifh grellen Sicht bee Rampen nicft zu verfhmimmen.
Die Söfung beg theatraliffen gaufproblentg fheint
mir benmad) za fein, baf bie innere 91atur biefeg iBerfeg
febe allgemeine unb enbgültige Söftittg oerfcfmidfit:
Eirof mie bag Seben, verlangt cg mic bag geben einen
ganzen unb begeiferten 3)?ann, ber eg mit trofigem
Selbfgefühl za feinem (Sinn tfinbiegt — bann mag
ein anberer fornmen, ber iffm neuen Sinn abverlangt,
unb fo mögen fiel) bie Efefchlecfter Deutfdfnnbg lange
ßeit fpiegeln in ber Sütmenfotm, bie fie aug Deutfh^
lanbg reprafentativfer Dichtung heraugbieften.
S u 1 i u g Sab.

Eg if einSorzug unfereg gefamten fünf lerifcfen
Scfaffeng, baf mir für bie SKannigfaltigfeit
unfereg Empfinbeng unb Seheng auch immer mieber
neue gormen finben unb erfinben. Unb if bie Schreib^
unb Sucfbrudfunf eine Kunf, fo füllten mir hoch froh
fein, für bag geffmiebene unb gebrudte iBort auch eine
Sllannigfaltigfeit ber auferen Eiefalt zu haben, benn fo
fönnen mir aud) fie augbrudgvoU unb funfvoll machen:
eg fprieft bann aug itfr Suf unb Etnf, Saune unb SBütbe,
Sfantafie unb f)filiferfaftigfeit, fa bie SBillfür, bie mit
aud) nicht entbehren mollen.
SBiffen mir bag von ber Scfreibfchrift langf, marum
nun biefe Sperrmafregel für bte Drudfcfrift? Unb zu
meffen (Bunfen follen mir ung biefer SJiannigfaltigfeit
ber Slugbrudgmittel berauben? Unb melcfer Serluf an
ererbtem Eiute ginge bamit ^anb in ^)anb! SBem mirb
nteft bie Erinnerung lieb fein, an bag erfe SRardfenbud),
bag er lag — eg mar gemiff nidft mit Slntiqua gebrudt,
fhmerlich mürbe fie zu Submtg iRicfterg Silbern gepafft
haben. Unb mer hat mofl feinen Scfiller ober (Soetfe
ober Sean f)aul mit Slntiqua im Eiebacftnig? Sich fa,
alg ber Eorneüug SRepog unb guliug Eaefar anfingen
ung zu plagen, ba mürbe ung bie Antiqua fetft eim
brtnglicf zu Eiemüte geführt, gür viele blieb ihr ber
erfaltenbe Slugbrud, unb fie fefen biefe folze Scfrtft
lieber in Stein gemeifelt an (liebeln ober auf @rab-
benfmülern, alg in Sücfern, bie fie Heben. Sutferg
Stbe! mürbe in graftur gebrudt, Sigmard fcfrieb Deutfh
unb (Soettfe unb Schiller.

Übrigeng — menn ich biefe perfönliche Erfahrung
noch ftnzufügen foll — bie latetnifcfe Drudfhrift frengt
bag Sluge burcf ihr gleicfmafigeg, fpinnigeg Wugfefen
me^r an, alg bie mannigfaltig untetfdfebenen Scfrift:
Züge ber beutfdfen graltur. 3B. (Steinhaufen.
* *
*
Dte Abneigung gegen bie SRenuiffancefdftift (3fntiqua)
unb bie Sorliebe für bie beutfefe Scfrift (graltur) if
beim beutfefen Soll fo allgemein (vergleiche bie Slug:
fprücfe über btefeg Dhema bei (Goethe, Schopenhauer,
Sigmard), baf mahrfcheinlich ber gtbffte Deil ber Deut^
fefen ein big zwei Eiefchlechter lang lein Such unb feine
ßeitung mehr in bie öpunb nehmen merben, menn man
gegen biefe Sorliebe mit ßmanggmafregeln Vorgehen
füllte. Dem Sudfgemetbe mare bamit ber gröfjte Schaben
Zugefügt unb ber überlegenen beutfdfen Silbung müre
ein töblicher Stof verfeft. SKan braucht ftd) nur zu
vergegenmartigen, mit melcfer Abneigung man fich h^ut-
Zutage von bem 91eurenatffanceftl ber 70er fSnlme ab?
menbet, unb ba mill man ung pof fefunt noch mit ber
bamit innig zufamtnenhangenben Olenaiffancefchrift be=^
glüden! Dag Entgegenfontmen gegen bag Sluglanb hnt
in ber bilbenben Kunf in Deutfdflanb fcfoti genug Unheil
angericftet, fe§t fommt alfo auch ^*ug beutfhe Schrifttum
an bie IRethe! Sch gratuliere! SB. X r ü b n e r.
* *
*
Eg mürbe mir unenblich leib tun, menn biefe fcffbne,
gefaltunggvolle, marfige Schrift baburd), baf fie in ben
Schulen nicht mehr in bem biglferigen Umfang gelehrt
merben barf, fo nach "ach bem beutfhen Solfe
entzogen mirb. Der bcutfhe Sinn für Formenreichtum
brüdt fief in biefer Schrift aug; fie if vielgefaltig unb
entmidlunggfafig unb man barf fie eine fünflerifcfe
Schrift nennen. Sfme Erhaltung barf ung nicht gleich
gültig fein, mir mürben mit ihrer spreiggabe eine unferer
guten Eigenfhaften verlieren, eine ber Eigenheiten, bie
aug bem beutfefen SBefen h^rvorgemachfen tf. SBenn
mit Eigenheiten aufgeben mollen, fo hüben mir hoch
recht viele, bie mir billig hergeben fönnen, fo z- 33. bte
Selbfverleugnung, bie mir fo gerne allem gremben
gegenüber ung auferlegen. Ein Sluglanber, ber fich ein
menig mehr für bentflieg SBefen intereffiert, mirb fich
gernif auch un ber beutfhen Schrift freuen fönnen unb
fte ohne allzugrofe Süüfe erlernen, fie mirb in ihrer
reichen Entmidlunggfahigfett auch etmag fagen von
fünflerifher Eiefaltunggfraft unb gormenfreube, bte im
Deutfhtum fedt. Eg mar mir immer erfreulich, mie bie
beutfdfe Schrift in ber Sluggefaltung, bie moberne
Künfler ihr gaben, nichtg von ihrer charaftervollen
Deutlicffeit einbüft, fa baf fie gerabezu heraugforbert,
biefe Deutlichfett zn betonen. Deutlichfeit feilte mol)l
in allen Dingen eine ber Deutfhheit anhaftenbe Eigene
fhaft fein.
Sollen mir feft vielleicht ber Sequemltchfeit ber 31ug-
länber megen unfere eigene Schrift aufgeben? Slun,
ba mirb man mot)l auch verlangen, baf mir, metl
eg bem Sluglanbet bequemer if, unfere beutffe Sprache
aufgeben. Serfrembmortet if fie mahrhaftig fhon genug.
^)ang Xfema.


2)3
 
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