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Towarzystwo Naukowe <Lublin> [Hrsg.]
Roczniki Humanistyczne: Historia Sztuki = History of art = Histoire de l'art — 45.1997

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Mazurczak, Urszula M.: Zur Problematik des Motivs des "Gelehrten im Atelier": am Beispiel des Porträts von Filippo Buonaccorsi auf dem Epitaphium in der Krakauer Dominikanerkirche
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https://doi.org/10.11588/diglit.27403#0157
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ZUR PROBLEMATIK DES MOTIVS DES „GELEHRTEN IM ATELIER”

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schen ais auch in der abendlandischen Kunst überlebt hatten. Das Fortbeste-
hen dieser Motive kann an vielen erhaltenen Beispielen aus der mittel- und
spâtbyzantinischen Epoche aufgezeigt werden, d.h. der langen Zeit zwischen
dem 9. und dem 15. Jahrhundert46. Hier entstandenen die Exempel des
Schriftstellers im weiteren Sinne, wie er auf einem niedrigen Hocker oder im
Sessel sitzt und auf dem vorgeschobenen Bein den Codex oder die Schriftrolle
hait. Die Gestalten sind in Nachdenken versunken und wahren dieselbe einstu-
dierte Skala der inneren Sammlung sowohl beim Schreibens als auch beim
Denken.

Die Haltung und die Gesten harmonisieren mit der feierlichen Kleidung:
z.B. mit einer Tunika, die meist weiB ist, spàter purpurn und mit goldenen
Tallions besetzt, was diesen Autoren eine besondere dignitas verleiht. Als
Beispiel kônnen hier die Evangelisten aus solchen für die mittelbyzantinische
Epoche als musterhaft anerkannten Kodizes dienen wie: Stauronikita, Mt.
Athos, Ms. 43 (111. 6-7), Cod. gr. 364 aus der Vatikanischen Bibliothek in
Rom oder das Coislin-Evangeliar 195. Weiter korrespondieren mit diesen
Serien die Portràts aus dem 11. Jahrhundert aus den Evangeliaren von Vato-
pedi Athos, Ms. 949, Escorial, Ms. X, XI, 17 fol. 152, und New Haven, Yale
Univ. Rib. cod. 150, vol. II, fol. 87v. Der griechische Künstler des Stauro-
nikita-Evangeliars aus der Mitte des 10. Jahrhunderts schuf für seine Gestalten
einen Hintergrund aus theatralischen Elementen in der Art der aus dem Evan-
geliar von Rossano bekannten „scaenae frons”.

Aufgrund ihrer unverànderten Form wurden die Bildnisse der Evangelisten
aus der Miniaturkunst auf die Monumentalkompositionen übertragen. Beispiele
dafür sind die Mosaiken aus Nizza im Narthex der Koimesis-Kirche und in
der Palastkapelle in Palermo, dereń direkten Zusammenhang mit den Portràts
des Stauronikita-Evangeliars Ernst Kitzinger aufgezeigt hat47.

Die Verwandtschaft der byzantinischen Kunst mit der lateinischen auf dem
Gebiet Italiens in der Zeit des Mittelalters stellt ein augenfâlliges und in
vielen Motiven verbreitetes Phânomen dar, wovon z.B. die Portràts auf den
Fresken von Cimabue in der oberen Franziskuskirche in Assisi sowie die viel
spàter entstandenen Portràts in der Mailânder Kirche San Eustorgio aus dem
15. Jahrhundert zeugen.

Den byzantinischen Typen der Evangelienautoren gaben auch einige Skrip-
torien des lateinischen Kulturkreises den Vorzug, insbesondere die Schulen in

46Mazurczak, s.o., passim.

47 E. K i t z i n g e r, The Portraits of the Evangelists in the Cappella Palatina in
Palermo, in: Studien zur mittelalterlichen Kunst 800-1250. Festschrift für F. Mütherich zum
70. Geburtstag, Hrsg. K. Bierbauer, Bonn 1978.
 
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