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Riedl, Peter Anselm
Die Heidelberger Jesuitenkirche und die Hallenkirchen des 17. und 18. Jahrhunderts in Süddeutschland: ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Baukunst — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, N.F., 3: Heidelberg, 1956

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https://doi.org/10.11588/diglit.36444#0113
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EINLEITUNG

Romanische Hallen. Die ältesten deutschen Hallenkirchen stammen aus
dem 12. Jahrhundert; wenn man freilich die frühsalischen Hallenkrypten mit-
berücksichtigt, muß man das 11. Jahrhundert nennen^"". Was aus einem niedri-
gen GruAraum notwendig entstand, sobald die Decke durch Freistützen unter-
fangen wurde, nämlich eine Freistützenhalle, wurde in hoch- und spät-
romanischer Zeit wiederholt zur freigewählten Monumentalform; die Kar-
täuserkirAe Prüll bei Regensburg, St. Leonhard in Regensburg, St. Peter in
Augsburg, St. Maria zur Höhe in Soest (um nur einige Beispiele anzuführen)
sind dreischifAge Pfeilerhallen. — Die Macht der Longitudinalen ist da ge-
brochen, quergerichtete KräAe kommen bändigend zur Wirkung und si&ern
dem Raum eine gewisse Gleichmäßigkeit und Ruhe. Von Spannungslosigkeit
braucht deshalb keine Rede sein: die Spannungen sind da, in ihrem Zusammen-
und Gegenspiel kann sich Ruhe ja überhaupt erst herstellen. Wenn z. B. das
MittelschiA einer Hallenkir&e breiter ist als die SeitensAiAe (und das ist meist
der Fall): die Tatsache, daß dem MittelsAiA ein eigener Lichtgaden fehlt, sichert
den SeitensAiAen eine besondere Bedeutung, gleicht die scheinbar durch die
Dimensionen bedingten Rangunterschiede aus. Indem aber verschiedene Fakto-
ren solAerart ins WeAselspiel kommen, ist ständig Spannung gegenwärtig.
Gotische Hallen. — Der Baugedanke der Halle, von den Baumeistern
des 12. Jahrhunderts noA in der sAweren FormenspraAe der romanischen
Kunst formuliert, sollte seine schönsten und vornehmsten VerwirkliAungen in
der deutsAen Gotik Anden.
Schon einige der frühesten gotischen Kirchen DeutsAlands sind Freistützen-
hallen: der Paderborner Dom (beg. kaum vor 1243), welAer für viele
westfälische Bauten vorbildlich wurde, und die Marburger Elisabeth-
kirche (Langhaus ca. 1257 A.). In beiden Fällen spielten französisAe An-
regungen eine Rolle; beide Male kamen indessen sehr eigenständige Werke zu-
stande. Die Elisabethkirche ist eine baukünstlerische Leistung besonderer Art:
an ein seAsjochiges Hallenlanghaus, dessen MittelschiA doppelt so breit ist wie
jedes der beiden SeitensAiAe, sAließt siA ein DreikonAenAor; der edlen Ruhe
der Langhausarchitektur bedeutet die ausgeglichene Weite des Chors eine sinn-
volle Entsprechung. Wenngleich das Langhaus diesen und jenen arAitektoni-
sAen Mangel aufweist — die SeitenschiAe sind allzu eng, ihre Gewölbe über-
trieben steil —, läßt es doch schon alle Gestaltungsmöglichkeiten ahnen, die
dann im Laufe der Jahrhunderte genutzt werden sollten; es läßt sehr eindrucks-
voll deutlich werden, in welAem Sinne der Hallentypus für die gotische Bau-
kunst fruAtbar werden konnte. Der Vertikalstruktur ist einerseits durch die
 
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