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Rodenwaldt, Gerhart
Der Fries des Megarons von Mykenai — Halle a /​ S., 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.14692#0044
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B. Palaft und Kampffzene.
(Nr. 8 und 9. Farbentafel.)

8. Palaft und Kampf. Neu gefundenes Fragment, auf der Farbentafel nach einem
Aquarell Gillierons; Rekonftruktionsfkizze Beilage II. Es beftebt aus zwei getrennten Stücken,
die nicht Bruch an Bruch aneinanderpaffen, aber genau fo, wie fie auf der Abbildung wieder*
gegeben find, in der Erde nebeneinanderlagen und von mir vor dem Herausheben gepauft
wurden. Da die Architektur fich ohne die geringfte Verfchiebung auf dem oberen Stück fortlegt,
kann an der Stellung beider Stücke zueinander kein Zweifel walten. Die größte Länge des
unteren Stückes beträgt 23 cm, die größte Höhe 15 cm; die entfprechenden Maße für das obere
Stück find 17 cm und 14 cm. Beide Stücke find verbrannt, jedoch nicht fo ftark wie die
Fragmente 1-7 und nicht durch Ruß gefcbwärzt wie andere Stücke. Bei großen Teilen des
unteren Stückes find die Farben abgefprungen und nur die Linien der Vorzeichnung erhalten,
in dem linken Teil der Architektur fehlen auch diefe. Einige Partien waren etwas verfintert.
Wenn man bedenkt, daß die Stücke mit der farbigen Seite nach oben lagen und nur von
wenigen Zentimetern Erde bedeckt waren, ift der Zuftand der Erhaltung zu bewundern.

Den unteren Teil der Darftellung nimmt eine Architektur ein, die aus mindeftens vier
mebrftöckigen, durch Pfeiler getrennten Teilen beftebt. Von diefen ift der in das obere Frag-
ment hinaufragende der höchfte. Zwei fehr hohe dunkelbraune, urfprünglich dunkelrote, mit
dicht aufeinanderfolgenden fchwarzen, an den Rändern verdickten Querftreifen befetjte Pfeiler
rahmen ihn feitlich ein. Der Verlauf des linken Pfeilers ift gefiebert, obwohl in der Mitte und
unten die Farbe abgeblättert ift. Der rechte Pfeiler war nach meiner Paufe genau fymmetrifcb
gebildet, wie er auch auf der Rekonftruktionsfkizze angegeben ift. Dem entfpreeben auch die
auf Gillierons Kopie oben angegebenen Refte der fchwarzen Querftriche. Dagegen bat Gillieron
im unteren Verlaufe eine fenkrechte Teilung angegeben, die mitten in den Pfeiler hineinfallen
würde, während ich auf der bald nach der Hufdeckung gezeichneten Paufe die genaue Fort*
fetjung des Pfeilers famt zwei fchwarzen Querftrichen angegeben habe. Diefe Divergenz zeigt,
wie fchwer folche ftark zerftörten Refte zu fehen find; nur wenn Zeichner und Kritiker gleich*
zeitig arbeiten und fich ftändig gegenfeitig kontrollieren, find derartige Widerfprüche zu ver*
meiden. Alle Analogien kretifcb*mykenifcber Hrchitekturdarftellungen weifen jedoch auf eine
fymmetrifebe Ergänzung des rechten Pfeilers bin.

Den oberen Abfchluß diefes Bauteils bildet eine mit Deckweiß aufgefetjte weiße Schicht,
auf der zwei, die Einteilung in Quadern bezeichnende fchwarze, horizontale Striche erhalten
find. Diefe Schiebt überragt feitlich den Pfeiler, den wir uns wabrfcheinlich bis zu diefer
Schiebt fortgefet}t denken müffen.

Innerhalb diefes Rahmens der zwei Pfeiler und der weißen Deckfchicbt liegt der innere
Aufbau diefes Arcbitekturteils. Von oben begonnen haben wir zwifchen zwei braunen Quer*
balken zunächft eine Schicht von runden Balkenköpfen, die nach Analogie des linken Seiten*
baues abwechfelnd braun (dunkelrot) und fchwarz waren. Darunter folgt ein Fenfter, das
einen befonderen Rahmen bat, beftebend aus einer Fenfterbank (nur Verzeichnung erhalten),
zwei Seitenpfeilern, die oben als Ante einen fchwarzen Abfchluß haben (am Original deutlich zu
erkennen), und einem Sturz. In dem Rahmen werden Kopf, Hals und der obere Teil der Bruft
einer nach rechts gewandten Frau fichtbar. Von der weißen Farbe, mit der Geficht und Ober*
körper aufgefetjt waren, find nur Teile an der rechten Schulter und an dem Gefichtskontur
erhalten. Darunter und unter den Reften des fchwarzen Haares wird der verbrannte, urfprüng-
lich gelbe Grund, der auch über der ganzen Architektur erfcheint, fichtbar. Die übrige Fläche
des Fenfters war blau gemalt.
 
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