Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Sauer, Bruno
Der Torso von Belvedere — Gießen, 1894

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13446#0037
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
— 21 —

Drehung des Oberkörpers, die ein von Michaelis herangezogenes
attisches Vasenbild79) ganz anders und recht glücklich, nämlich durch
sichtliche Trunkenheit des Helden, motivirt; auch hatte der Tisch-
herakles des L/ysipp aufwärts geblickt, während der Kopf der Statue
des Apollonios, wie man nach einigem Schwanken einsah, eher etwas
nach unten seitwärts hinausblickte. Aber der wichtigste Gegengrund ist,
dafs wir von dem lysippischen Werke Nachbildungen besitzen, die vom
Torso von Belvedere beträchtlich verschieden sind. Es unterliegt
kaum einem Zweifel, dafs die drei etwas mehr als fufshohen Statuetten,
die Ravaisson in der Gazette archeologique80) nebeneinander ver-
öffentlicht und auf jenes Werk des Lysipp, freilich ohne scharfe
Beweisführung, bezogen hat, in der Tat Nachbildungen des
von Statius geschilderten Wertes sind, mit dem sie in allen Zügen,
auch in den Mafsen, übereinstimmen. Hier haben wir eine zum
Tafelaufsatz vortrefflich geeignete Figur, hier Fels, Löwenfell, Keule;
der rechte Arm war nach vorn gehoben, konnte also sehr wohl den
Becher halten, der linke hielt die auf den Boden gesetzte Keule; der
Kopf wendete sich ein wenig nach oben und nach der rechten
Schulter, also über den Becher hinweg zu der Tafelrunde, inmitten
welcher die Statuette stand; der Körper endlich ist, wie es sich für
eine Einzelfigur geziemt, ganz von vorn sichtbar.

In neuster Zeit ist die Zurückführung des Torso auf den Tisch-
herakles immer seltener geworden. Aber der Gedanke an Lysipp
war einmal da, und wie man sich gewöhnte, im Styl des Werkes Ein-
wirkungen jenes Meisters zu finden, so gab man auch das Suchen
nach einem lysippischen Werke, dem das des Apollonios nachgebildet
-sein könnte, keineswegs auf. Nachdem Overbeck und besonders
von der Launitz73) behauptet hatte, dafs jede Erklärung unhaltbar
sein müsse, welche auf die in dem mächtigen Körper unverkennbar
sich aussprechende Ermattung keine Rücksicht nehme, fand sich auch
das lysippische Werk, das diesen Anforderungen entsprach. Der
 
Annotationen