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Schapire, Rosa
Johann Ludwig Ernst Morgenstern: ein Beitrag zu Frankfurts Kunstgeschichte im XVIII. Jahrhundert — Studien zur deutschen Kunstgeschichte, Band 57: Strassburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.66368#0042
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Werfen die schriftlichen Aufzeichnungen nicht viel Licht
auf Morgensterns Charakter, so sind die Mitteilungen seiner
Zeitgenossen über ihn um so zahlreicher.
Schon Hüsgen erwähnt, daß sein «sittsam gelassenes Ge-
müthe» 66 nicht wenig dazu beigetragen hat, den Fortgang seiner
Studien bei Vögelin zu fördern.
Die sympathischsten Worte für seine Art hat aber wohl der
Maler und Kupferstecher Anton Radi67 gefunden, der am
1. Januar 1794 nach Frankfurt kam:
«Als ich nach Frankfurt kam — berichtet er — waren
hier im ganzen nur zwei Künstler, deren Namen als solche
genannt zu werden verdienen. Zunächst Johann Ludwig
Ernst Morgenstern. Er malte innere Teile von Kirchen,
worin er besonders excellierte und stand in großem Ruf.
Ich erinnere mich noch oft an diesen liebevollen Mann;
er war so sanft, so gut gegen alle Menschen, er war nicht
anmaßend, redete von keinem Künstler je etwas Uebles,
und leistete jedem Dienste, wo er nur immer konnte.»
Anton Kirchner,68 der am 3. Dezember 1819 im Museum eine
Gedächtnisrede auf Morgenstern, den er persönlich kannte, gehalten
hat, betont seine überzeugte, sympathische Frömmigkeit, seine
lebhafte Anteilnahme am Schicksale anderer, seine innere Heiter-
keit und Gleichmäßigkeit trotz schwerer Leiden und fährt fort:
«Er, der unermüdlich tätige, hatte den Grundsatz, ein
alter Künstler dürfe, weil er sich dem Tode nähere, darum
so wenig nachlassen im Fleiße als ein Wettläufer nachlasse
im Laufe, weil er sich dem ersehnten Ziel nähere . . . .
Wenn es seine Schmerzen erlaubten, unterhielt er sich
immer noch am liebsten über Kunstgegenstände und sprach
nicht ohne Lebhaftigkeit die Ideen aus, welche er künftig
wohl noch ausführen möchte, wenn seine Körperschwäche
es nur erlaubte.»

66 Hüsgen, a. a. 0., S. 198.
67 Das Zitat ist dem Vortrag von Prof. W. A. Beer über Anton Radi,
veröffentlicht in der «Frankfurter Zeitung», März 1902, entnommen. Dieser
Vortrag fußt auf der Selbstbiographie, die Radi seinem Freunde Karl
Max Meyer anläßlich des ihm zu Ehren gegebenen Festes im Dezember
1843 diktiert hat. Vgl. auch Gwinner. a. a. 0., S. 449.
68 Kirchner, a. a. 0-, S. 39 u. folgende.
 
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