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Materialien zur Quellenkunde der Kunstgeschichte. 111

2. Vorherrschen des Intellektualismus.

Die Kunsttheorie des Mittelalters war ganz wesentlich
Intellektualistisch gewesen; das Verlangen nach tieferem Sinn
des Hildes, die Rolle der Allegorie, die in .moralischem' Sinne
gedeutete Dichtung (Homer, Ovid) und die Geschichte des
Menschen und der Natur (Gesta Romanorum, Besliarien und
Lapidarien) halte hier ihren Ursprung, der weit in das Alter-
tum (Lehren der Stoa) zurückreicht. Das Handbuch des Ful-
gentius mit seiner allegorischen Ausdeutung der alten Mytho-
logie wird noch in der Renaissance eifrigst gelesen und seine
Spuren lassen sich in der bildenden Kunst (Botticelli) ver-
folgen. Waren diese Dinge, im (Quattrocento namentlich, das
sich um die Fundamente der Kunst, die Technik in höherem
Sinne mühte, zurückgetreten, so kommen sie in verstärktem
Maße in diesem Zeitaller des Manierismus wieder hervor.

Eine antike, durch den Lehrmeister Vitruv zunächst für
sein engeres Fach aus dem Studienbetrieb seiner Zeit heraus
aufgestellte Forderung, die nach zyklischer Eildung des Künst-
lers, hatte in der Jugend der Renaissance, mit ihrem Heiß-
hunger nach w i s s e n s c h a f t 1 i c h e r Begründung, be-
geisterte Aufnahme gefunden; schon der alte Ghiberti hatte
sie sich in seiner naiven Kompilalionsweise angeeignet. Daß
die Theoretiker der Architektur (besonders Scamozzi) diese
in den Reigen der Wissenschaften einstellen, wissen wir be-
reits; aber auch ein Vertreter der Malerei, wie der allerdings
Qberstark literarisch beeinflußte Lomazzo, entwirft ein Pro-
giamm enzyklopädischer Bildungsforderung an den Künstler,
mi1 der Theologie beginnend, an der ein Alexandriner seine
Freude haben könnte. Kein Wunder also, wenn der inlcllek-
lualistische Hinschlag in der Theorie des Manierismus wieder
so stark hervortritt: Zuccaro entwickelt wohl eine Theorie der
künstlerischen Einbildungskraft, über dieser steht aber als
Ii oberes Vermögen das Gedächtnis, gerade so wie noch
Baumgartens ,Asthetik' die jüngere Schwesterwissenschaft der
sie überschattenden Logik wird. Sie muß hinter dieser not-
wendig zurückstehen, da sie niedrigere, weil die sinnliche
Sphäre angehende Formen, dem A n s c h auungsve r-
•»ögen zugehörig, behandelt, während die andere mit den
 
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