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Schmarsow, August
Beiträge zur Ästhetik der Bildenden Künste (Band 2): Barock und Rokoko: eine kritische Auseinandersetzung über das Malerische in der Architektur — Leipzig, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.15253#0085
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Der Baumeister

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zum Barock. Schon die Einzelheiten der Grabkapelle
bedeuten den Uebergang, je notwendiger sie mit
den Statuen und ihrer cyklischen Komposition, von
der wir keine volle Vorstellung mehr erreichen kön-
nen, in Zusammenhang gedacht sind. Jedenfalls aber
ist diese dekorative Wandbekleidung hier nur noch
Folie des Bildwerks, nicht schon als architektonische
Schöpfung im Zusammenhang mit dem Bauwerk als
solchem zu verstehen. Nur die schräg ansteigenden
Pfosten der obern Fenster dürfen als Symptome des
Hochdranges, im Sinne der Organisation noch, auf-
gefasst werden, und greifen über die Gränze des
Renaissancegefühles bereits hinaus.

Erst im Vorraum der Laurenziana begegnet uns
die bewusste Überlegenheit in der Handhabung aller
Einzelformen, die den ausschliesslichen Verehrern
der Antike als Willkür erscheinen muss, weil sie dem
bisherigen Sinn absichtlich zuwiderläuft. Für ihren
Urheber Michelangelo beurkundet sie unzweifelhaft
den entscheidenden Wandel, wo ihm diese Auffassung
des Organismus zum überwundenen Standpunkt, ge-
worden war, weil er durch eigne Vertiefung einen
Fortschritt erreicht hat. Er greift tiefer und will
höher hinaus als die Hochrenaissance auch hier.
Und wir empfangen die ebenso unzweifelhafte Be-
stätigung, dass sein künstlerisches Wollen sich zu-
nächst auf die psychologische Veranstaltung, also
auf die Innenseite, den geistigen Gehalt des Werkes
richtet, — dass er den Innenraum anders auffasst.
noch nicht den Baukörper auch nach Aussen anders
gestaltet. Die Laurenziana ist' nur Innenarchitektur
 
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