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Schmitzer, Ulrich; Wissenschaftliche Buchgesellschaft [Contr.]
Rom im Blick: Lesarten der Stadt von Plautus bis Juvenal — Darmstadt: WBG, Wissen verbindet, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.72413#0019
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1 Die Stadt, ihr Text und ihre Lesarten

15

Wenn ich dir Olivia beschreibe, eine Stadt reich an Produkten und Ge-
winnen, habe ich keine andere Möglichkeit zur Erläuterung ihres
Wohlstandes, als von den Filigranpalästen zu sprechen mit den befrans-
ten Kissen auf den Simsen der zweibogigen Fenster; hinter dem Gitter
eines Patio netzt ein Kranz von Wasserstrahlen einen Rasen, auf dem
ein weißer Pfau sein Rad schlägt. Aber aus dieser Rede verstehst du
sogleich, dass Olivia in eine Wolke von Ruß und Schmiere gehüllt ist,
die sich an die Hauswände klebt; dass im Straßengedränge die rangie-
renden Lastzüge die Menschen an die Mauern quetschen.21
Liest man die Stadt mit Calvino also „richtig", hört man die Untertöne
und Zwischentöne ihres Textes aufmerksam, dann liefert sogar die affir-
mative und monumentale Erzählung zugleich den komplementären, alter-
nativen Text, der der Perspektive von oben das notwendige Pendant von
unten entgegensetzt und die Möglichkeit zu umfassendem Verstehen er-
öffnet.

21 „Se ti descrivo Olivia, cittä ricca di prodotti e guadagni, per significare la sua prosperitä
non ho altro mezzo ehe parlare di palazzi di filigrana con cuscini frangiati ai davanzali delle
bifore; oltre la grata dün patio una girandola di zampilli innaffia un prato dove un pavone
bianco fa la ruota. Ma da questo discorso tu subito comprendi come Olivia e awolta in una
nuvola di fuliggine e d'unto ehe s'attacca alle pareti delle case; ehe nella ressa delle vie i ri-
morchi in manovra schiacciano i pedoni contro i muri."
 
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