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4 Die Zeit des Augustus
Cynthia weiß sehr wohl, welche Optionen und damit verbundenen Ge-
fahren die Stadt Rom bietet, und verwehrt Properz deshalb ausdrücklich
den Besuch einschlägiger Plätze (Prop. 4,8,75-78):
tu neque Pompeia spatiabere cultus in umbra,
nec cum lascivum sternet harena Forum.
colla cave inflectas ad summurn obliqua theatrum,
aut lectica tuae se det aperta morae.
Du sollst weder herausgeputzt im Schatten des Pompeius flanieren
noch dann, wenn der Sand das verführerische Forum bedeckt. Hüte
dich davor, den Hals zu den oberen Rängen des Theaters zu wenden
oder dass eine geöffnete Sänfte sich dir als Grund für Verzögerung er-
gibt.
Die Porticus am Pompeiustheater2°° auf dem Marsfeld, die Gladiatoren-
spiele auf dem Forum, der Blick zu den Frauen vorbehaltenen Sitzplätzen
im Theater oder eine zufällige Begegnung mit einer in der Sänfte getrage-
nen Frau auf der Straße - Rom bietet viele Möglichkeiten zur Untreue, die
Cynthia aufgrund ihrer im Augenblick machtvollen Position ihrem Pro-
perz untersagt, eben weil sie zu elegischen Existenz gehören, die Cynthia
mit keiner anderen teilen möchte. Das weist bereits auf Ovid voraus, der
diesen Aspekt properzischer Stadtgeographie wesentlich ausbauen wird.
4.4 Ovid: Rom aus vielen Perspektiven
P. Ovidius Naso wurde am 20. März 43 v. Chr. im mittelitalischen Provinz-
städtchen Sulmo (heute: Sulmona) geboren. Seine Ausbildung erhielt er in
Rom, doch verzichtete er bald auf eine Karriere als Politiker oder Jurist und
widmete sich lieber der Dichtung. 8 n. Chr. wurde Ovid von Augustus aus bis
heute nicht geklärten Gründen nach Tomi am Schwarzen Meer verbannt, wo
er (wohl 17 n. Chr.) starb.
Seine Werke umfassen zunächst liebeselegische Dichtungen: Amores (in erster
Auflage um 25 v. Chr. publiziert, die heute vorhandene Sammlung in drei Bü-
chern ist wohl um 2 v. Chr. veröffentlicht), Heroides (insgesamt 21 Briefe von
mythischen Frauen an ihre ungetreuen Liebhaber, der 15. Brief [Sappho] ist in
seiner Echtheit umstritten, am Ende stehen drei Briefpaare), Ars amatoria
(Lehrgedicht über die Liebe, zwei Bücher an Männer, das dritte an Frauen ge-
ein Zeichen für die erhebliche Anerkennung ist, die Properz diesem Projekt zollt, aber das
führt nicht dazu, dass Cynthia darin ihren Platz fände.
200 Vgl. knapp Knell 2004, 25-28; Coarelli 1997, 539-580 über die Aktivitäten des
Pompeius auf dem Marsfeld.
4 Die Zeit des Augustus
Cynthia weiß sehr wohl, welche Optionen und damit verbundenen Ge-
fahren die Stadt Rom bietet, und verwehrt Properz deshalb ausdrücklich
den Besuch einschlägiger Plätze (Prop. 4,8,75-78):
tu neque Pompeia spatiabere cultus in umbra,
nec cum lascivum sternet harena Forum.
colla cave inflectas ad summurn obliqua theatrum,
aut lectica tuae se det aperta morae.
Du sollst weder herausgeputzt im Schatten des Pompeius flanieren
noch dann, wenn der Sand das verführerische Forum bedeckt. Hüte
dich davor, den Hals zu den oberen Rängen des Theaters zu wenden
oder dass eine geöffnete Sänfte sich dir als Grund für Verzögerung er-
gibt.
Die Porticus am Pompeiustheater2°° auf dem Marsfeld, die Gladiatoren-
spiele auf dem Forum, der Blick zu den Frauen vorbehaltenen Sitzplätzen
im Theater oder eine zufällige Begegnung mit einer in der Sänfte getrage-
nen Frau auf der Straße - Rom bietet viele Möglichkeiten zur Untreue, die
Cynthia aufgrund ihrer im Augenblick machtvollen Position ihrem Pro-
perz untersagt, eben weil sie zu elegischen Existenz gehören, die Cynthia
mit keiner anderen teilen möchte. Das weist bereits auf Ovid voraus, der
diesen Aspekt properzischer Stadtgeographie wesentlich ausbauen wird.
4.4 Ovid: Rom aus vielen Perspektiven
P. Ovidius Naso wurde am 20. März 43 v. Chr. im mittelitalischen Provinz-
städtchen Sulmo (heute: Sulmona) geboren. Seine Ausbildung erhielt er in
Rom, doch verzichtete er bald auf eine Karriere als Politiker oder Jurist und
widmete sich lieber der Dichtung. 8 n. Chr. wurde Ovid von Augustus aus bis
heute nicht geklärten Gründen nach Tomi am Schwarzen Meer verbannt, wo
er (wohl 17 n. Chr.) starb.
Seine Werke umfassen zunächst liebeselegische Dichtungen: Amores (in erster
Auflage um 25 v. Chr. publiziert, die heute vorhandene Sammlung in drei Bü-
chern ist wohl um 2 v. Chr. veröffentlicht), Heroides (insgesamt 21 Briefe von
mythischen Frauen an ihre ungetreuen Liebhaber, der 15. Brief [Sappho] ist in
seiner Echtheit umstritten, am Ende stehen drei Briefpaare), Ars amatoria
(Lehrgedicht über die Liebe, zwei Bücher an Männer, das dritte an Frauen ge-
ein Zeichen für die erhebliche Anerkennung ist, die Properz diesem Projekt zollt, aber das
führt nicht dazu, dass Cynthia darin ihren Platz fände.
200 Vgl. knapp Knell 2004, 25-28; Coarelli 1997, 539-580 über die Aktivitäten des
Pompeius auf dem Marsfeld.