Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schmitzer, Ulrich; Wissenschaftliche Buchgesellschaft [Contr.]
Rom im Blick: Lesarten der Stadt von Plautus bis Juvenal — Darmstadt: WBG, Wissen verbindet, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.72413#0068
License: Creative Commons - Attribution - ShareAlike

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
64

3 Rom (er-)findet sich selbst: republikanische Perspektiven

Handlung, der wohl als das Lupercal gedacht werden muss. Auch der Raub
der Sabinerinnen und dessen Begleitumstände, die augenscheinlich in den
Sabinae des Ennius behandelt werden, sind untrennbar mit dem Circus
Maximus (als dem Ort des Raubes) und dem Forum Romanum (als dem
Ort des Kampfes und der Versöhnung) verbunden.75 Dennoch hat die
Stadt Rom selbst innerhalb der frührömischen Geschichte, die den haupt-
sächlichen Gegenstand der Praetexta bildet76, nur eine untergeordnete,
bestenfalls sekundäre Rolle. Auch hier geht es um die viri und deren Taten,
nicht um das geographische setting.
3.3 Satiren in Rom: Lucilius' urbane Dichtung
Die Satire77, genauer: die im Hexameter gehaltene Verssatire (zur Unterschei-
dung von der aus Prosa und Vers gemischten sog. Menippeischen Satire) galt
für die antike Literaturtheorie als genuin römisch: satura quidem tota nostra
est („Die Satire freilich gehört ganz und gar uns") lautet die bekannte Feststel-
lung des Quintilian (inst. 10,1,93). Ihre wichtigsten Vertreter sind C. Lucilius
(180-103 v. Chr.), Q. Horatius Flaccus (65-8 v. Chr.), Aules Persius Flaccus
(34-62 n. Chr.) sowie D. lunius luvenalis (an der Wende vom 1. zum 2. Jahr-
hundert n. Chr.). Gegenstand der Satire ist die popularphilosophisch getönte
Aufforderung zum richtigen Leben, die nicht selten durch die Abgrenzung
von überspitzt („satirisch" im nicht-technischen Sinne) dargestellten falschen
Lebensentwürfen exemplifiziert wird. Die ursprünglich auch politische Zielset-
zung (Lucilius) verschwindet unter den Bedingungen des literarischen Lebens
der Kaiserzeit.
Es ist hier nicht primär zu untersuchen, wie römisch die Satire im literarischen
Sinne ist78, sondern welche Rolle die Stadt Rom im Rahmen des genres der sa-
tura und der benachbarten, (im modernen Sinne) „satirischen" Gattungen
spielt. Dieser Zugriff aus dem Geist der satura, der auch andere literarische
Gattungen einschließt, zielt nicht auf eine satirische Umsetzung des Stadtbildes
im modernen Verständnis ab, auf Parodie oder beißenden Spott, sondern pri-
mär auf ein unheroisches, bisweilen spöttisch, bisweilen auch ernsthaft präsen-
tiertes literarisches Bild der Stadt, das die Topographie nicht zuletzt in eine
Wertewelt übersetzt und daraus Kriterien für Affirmation, Kritik oder Indiffe-
renz gewinnt.

75 Vgl. Manuwald 2001, 172-179, bes. 176. Nach den drei erhaltenen Fragmenten zu
schließen, sind einmal die die Römer angreifenden Sabiner apostrophiert, was die gerade
geäußerte Vermutung unterstützt.

76 Manuwald 2001, 97-99.

77 Vgl. als Überblick immer noch die Beiträge in Adamietz 1986.

78 Siehe dazu den Überblick bei Suerbaum 2002b.
 
Annotationen