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Schönhuth, Ottmar Friedrich Heinrich
Chronik des ehemaligen Klosters Reichenau, der ersten Pflanzschule süddeutscher Bildung, Wissenschaft und Kunst: e. Beitrag zur schwäbischen Geschichte aus handschriftlichen Quellen dargestellt — Freiburg i. B.: Waizenegger, 1836

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https://doi.org/10.11588/diglit.51060#0176
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her ein ganz vorzüglicher Mann ward, und zu wich-
tigen öffentlichen Angelegenheiten gebraucht wurde *),
Nur eine kurze Laufbahn war dem wackern Manne
beschieden. Berthold, sein Schüler, berichtet über
seine letzte Lebenszeit manches Schöne, das hier seinen
Platz finden mag.
^Endlich, als Gottes Gnade seine fromme Seele
für würdig hielt, daß sie aus dieser irdischen Prüf-
ungsschule befreit würde, wurde er von einem An-
fall ergriffen, der ihn 10 Tage darniederlegte; er litt
beinah an Einem fort und schrecklich an diesem tödt-
lichen Anfall. Da, an einem Tage Morgens früh,
als ich, den er vor Allen zum Vertrauten hatte, nach
versehenem Gottesdienste, dem Bette des Kranken
nahte, und ihn fragte, ob er sich etwas besser befände,
antwortete er: du sollt nicht, sage ich, solches nach-
fragen, vielmehr hör' auf das, was ich dir, auf den
ich nicht wenig vertraue, erzählen will. Ohne Zwei-
fel werde ich bald sterben, und nimmer genesen: da-
her empfehl' ich dir und allen den Meinigen einzig
nnd allein meine sündige Seele. Die ganze Nacht
hindurch war ich in einer Art von Verzückung. Es
danchte mir, als ob ich den Hortensins des Tullius
Cicero, ebenso, wie wir das Gebet des Herrn
zu lesen pflegen, wachend gelesen und wieder ge-
lesen hätte; noch ist mir der Sinn des Gelesenen
geblieben. Auch die Handschrift der Materie über
die Laster, welche ich mir vorgenommcn habe, zu dik-
tiren, habe ich gelesen, wie wenn sie schon geschrieben
gewesen wäre, nnd noch mehr der Art. Dieses Lesen
nun bat bei mir so große Verachtung nnd Eckel ge-
gen diese ganze Welt, mit allem, was sie bat, und
selbst gegen dieses Leben, so wie im Gegenthcil nach

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