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WAS IST DER STURM?

bestritten Herwarth Waiden sein Ziel, für die bildende
Kunst erreicht hat, so durchaus ergebnislos ist Herwarth
Waiden — das ist DER STURM — in der Wortkunst gewesen.
Durchaus ergebnislos, was die Wirkung nach außen an-
geht. Wenn ich auch weiß: der Wert einer Erkenntnis
hängt nicht davon ab, daß sie allgemein angenommen
wird, so bleibt doch der Schmerz, daß manche Erkennt-
nis von der Mitwelt nicht angenommen wird. Die Er-
kenntnis über die Wortkunst ist unsere Freude. Daß die
Erkenntnis von der Allgemeinheit nicht angenommen,
kaum auch nur vernommen wurde, ist unser Schmerz.
DER STURM, Herwarth Waldens Werk, entglitt Herwarth
Waiden, seinem Schöpfer. Das getane Werk war aus-
gestreut in die Welt, soweit dies einerseits menschliche
Tatkraft vermochte, andrerseits menschliches Versagen
verhinderte. Was dann blieb, war ein einsamer Mann,
der alles verloren hatte, der alles hingegeben hatte, dem
alles genommen war, alles, bis auf die Treue weniger
Freunde.
Noch einmal fuhr ich nach Berlin, um Abschied zu neh-
men. Herwarth Waiden hatte nur noch eine kleine —wenn
auch an Werken hervorragende —, als Tatsache kümmer-
liche Kunstausstellung am Kurfürstendamm. Kümmer-
lich, da sie mit Kummer beladen war. Nicht nur mit
hoffnungsloser äußerer Armut. Die Kunstwende hatte
keine ausstrahlende Mitte mehr. Die STURM-Zeit war vor-
bei. Jedes Geschehen hat seine Stunde, und diese war
vorbei. Auch das Bauhaus war längst — Ende der zwan-
 
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