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ser ist dann auch die enge Kooperation unterschiedlicher Handwerker
und Künstler möglich. Die Magdeburger Tafeln tragen Charakteristika der
jüngeren Metzer Schule, sowie mittelbyzantischer und norditalienischer
Strömungen. Es gibt keinen einzelnen geographischen Ort, an dem alle
diese Quellen lokalisierbar wären. Nur die Mobilität der Künstler, die für
die ottonische Hofkapelle arbeiteten, kann solche synthetischen Resulta-
te zufrieden stellend erklären. Auch Little spricht sich für einen lebhaften
künstlerischen Austausch zwischen Italien und dem Norden mittels einer
mit dem kaiserlichen Hof wandernden Werkstatt aus, welcher der ottoni-
schen Kunst eine internationale Basis verschafft habe.469 Und Uhlirz ver-
mutet im Gefolge Ottos III. artifices, denen sie beispielsweise den Pozzo
in der Bartholomäuskirche (Abb. 67) auf der Tiberinsel in Rom zu-
schreibt.470

Die kunsthistorische Tradition der Zuordnung von Kunstwerken zu festen
Entstehungsorten, den „Werkstätten", wird auch durch eine von Suckale-
Redlefsen am Beispiel des Klosters Seeon beobachtete Tatsache in Frage
gestellt. Innerhalb einer einzigen Handschrift sind dort zur Regierungs-
zeit Heinrichs II. stilistisch und technisch stark differierende Miniaturen
zu finden, auch die Bucheinbände unterscheiden sich stilistisch von den
Malereien. Zumindest für die Buchproduktion kleinerer Klöster vermutet
sie demnach eine Form ortsunabhängiger Arbeitsteilung.471

Setzt man also eine Institution wie die „Hofkapelle" voraus, liegt die
Vermutung nahe, dass die Situla tatsächlich das Werk einer so organi-
sierten, zumindest mit dem Hof eng verbundenen Künstlergruppe oder
von einzelnen in diesen Zusammenhang zu stellenden Künstlern ist. Die
Heterogenität ihrer Stilmerkmale zeigt die Einbeziehung verschiedener
Quellen und macht die arbeitsteilige Beteiligung mehrerer Künstler
höchst wahrscheinlich. So macht die mit dem oberen Abschlussfries der
Situla eng verwandte Bordüre der Tafel in Orleans (Abb. 28) die Existenz
eines „Ranken- und Abschlussfries-Spezialisten" sehr plausibel.472 Es er-
gab sich für die Künstlergruppe der Hofkapelle die Gelegenheit zur Be-
gegnung und Wahrnehmung von Kunstwerken vielfältigster Stilströmun-
gen. Leicht konnten sie sich beispielsweise sowohl in Rom, in Ravenna
oder Mailand mit dem Formengut von Säulen- und Stadttorsarkophagen
auseinandersetzen.

c. Vorlagen und Rezeptionsweisen

Die überlokale Mobilität von Künstlern im Rahmen von Hofkapellen, wel-
che die mobile Form der Herrschaftsrepräsentation nach sich zog, erwei-
tert den Blick über die Fixierung auf lokale Werkstätten hinaus auf eine

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