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Beck, Paul A. [Hrsg.]
Schwäbisches Archiv: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Literatur, Kunst und Kultur Schwabens — 28.1910

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Nr. 5
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Müller, Karl Otto: Ellwanger Urgichten aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, [3]
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Literarisches
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https://doi.org/10.11588/diglit.22619#0099

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75

in den Fällen Ziffer XXll und ff. diese
zahlreichen Straftaten von den Übeltätern
nicht auf Grund freiwilligen Entschlusses
offen bekannt worden sind, daß viel-
mehr die Qualen der Folter als geeig-
netes Mittel zur Hervorbringung dieser
Geständnisse verwendet worden sind.
Wenn es heute bei den hochentwickelten
Verkehrsverhältnissen und dem genau
geregelten Meldewesen, die eine rasche
Erkundigung nach dem Vorleben der
Verbrecher ermöglichen, vielfach schwer
hält, letztere alsbald zu einem freiwilligen
Geständnis ihrer etwa im Ausland in
der Ferne oder vor längerer Zeit be-
gangenen Straftaten zu bewegen, so war
natürlich zu damaliger Zeit, wo jedes
etwaige Erkundigungsschreiben einen be-
sonderen Boten erforderte, der tage- und
wochenlang unterwegs sein mußte, nicht
zu erwarten, der Dieb und Mörder
bekenne irgend welche andere Taten als
die, auf denen er ertappt war oder die man
ihm irgendwie leicht nachweisen konnte.
Wenn wir nun trotzdem in diesen Ur-
gichten von Straßenräubereieu im Etsch-
land, von einem Totschlag in Köln
(Ziffer XXIV) und von Diebereien hören,
die sich fast über das ganze heutige
Bayern und Württemberg hin nach dem
Ort ihrer Begehung verteilen, wenn ferner
weit zurückliegende Straftaten (vgl. Zif-
fer IX) bekannt werden, so sprechen diese
Umstände eben für die Anwendung der
Folter, die gegen Ausgang des 15. Jahr-
hunderts in der Strafrechtspflege immer
mehr an Stelle des Reinigungs- und
Übersiebnungsverfahrens trat.
Lveli. Literarisches.
Hirn, vr. Ferd., Vorarlbergs Erhebung
im Jahre 1809, mit Benützung archi-
valischer Quellen, dargestellt von —,
Bregenz a. B-, Druck und Verlag von
I. N. Deutsch, 1909, XVI, 428 SS.,
Preis br. 6 Kr., gb. 8 Kr.
Rasch ist dem Werke über Tirols Erhebung
im Jahre 1809 von Prof. Or. Jos. Hirn in
Innsbruck (ebendas. 1909 bei H. Schwick), aus
welches wir aber hier nicht einzugehen haben,
das Buch seines Namensvetters Prof. F. Hirn
in Dornbirn über Vorarlbergs Erhebung im
selben Jahr gefolgt, über welch' letztere bisher
ein fühlbarer Mangel herrschte. Der Verfasser
hat es nun in anerkennenswerter Weise unter-
nommen, in 5jähriger Forschungsarbeit auf
Grund der in den Archiven von München,

Stuttgart, Wien, Innsbruck, (Karlsruhe?), Bre-
genz -c. vorliegenden Akten re. ein Werk zu schaffen,
das den Anteil Vorarlbergs an der unvergeß-
lichen patriotischen Erhebung des Jahres 1809
schildert und alles, was bisher schon vereinzelt
darüber bekannt war sowie noch mehr Neues
und Unbekanntes darüber in zusammenhängender,
übersichtlicher Darstellung möglichst zusammen-
faßt. Diese Bewegung sollte bekanntlich die
Tiroler Erhebung flankiren, nicht nur die Auf-
merksamkeit und Kräfte des Feindes teilen,
sondern auch die für das an Geld, Munition
und Getreide arme Tirol politisch - strategifch
wichtige Verbindung mit der Schweiz und Schwa-
ben aufrecht erhalten und war von Hormayer
wohlweislich mitveranlaßt worden. Ausgehend
vom Übergang Vorarlbergs an die Krone Bayern
im Jahre 1805 schildert Verfasser 1) die Folgen,
die dieser Herrscherwechsel nach sich zog und
gliedert dann die Darstellung in folgende Ab-
schnitte; 2) die Neuorganisation des Landes,
Vorarlberg unter bayerischer Herrschaft, die Will-
kürherrschaft der bayerischen Beamten, das Ver-
hältnis zur Geistlichkeit, die Aufhebung der Land-
stände, die Einführung neuer Steuern und der
Konskription re; 3) die erste Periode des Auf-
standes; 4) die Katastrophe und der Befreiungs-
kampf; 5) Vorarlberg unter der Leitung vr.
Ant. Schneiders; 6) die letzte Phase des Auf-
standes; 7) die Nachzeit. Aus der bayerischen
Beamtenwirtschast heben sich für Oberschwaben
2 daselbst wohl aber nicht zu ihrem Vorteil
bekannte Persönlichkeiten hervor, einmal der
Generalkommissärdes Jllerkreises,vormaligeLeiter
der schwäbischen Landesdirektion Maximilian
Balth. Lud. von Merz, ein Günstling des
allmächtigen Ministers Montgslas und Intriguant
erster Güte aus Ravensburg, (gb. 1750), Sohn
des dortigen reichsstädtischen Bürgermeisters Frz.
Balthasar von Merz, welcher sich schließlich der gegen
ihn eingeleiteten Untersuchung wegen zahlreicher
Ordnungswidrigkeiten, Veruntreuungen, Bestech-
lichkeiten und Erpressungenrc. entzog und im Jahre
1811 si ch (zwar nicht erschoß, aber) im Lech ertränkte
(s. über denselben auch Beck im „Archiv f. Wappen
und Stammeskunde",VIIl, 1908, S.85-88: „Eine
Tragödie aus einer oberschwäbischen Patrizierfami-
lie") und derVorarlbergerKreiskommissär, vorma-
lige Landrichter A bra h amKutterin Ravensburg,
ebenfalls ein geb. Ravensburger, ein Helfershelfer
von Merz, welcher aus gleichem Grunde später in
Untersuchung gezogen und bestraft wurde. Diese
beiden Beamten hatten es im Ländchen gar zu
bunt getrieben und sich u. A. durch Geschenke
an Geld, Pferden, Silberservicen gewinnen lassen.
Merz ließ sich u. A. vom Rate von Feldkirch,
welcher damit (auf Einraten Kutters) die Priori-
tät vor der Stadt Bregenz erreichen wollte, eine
mit Louisdors vollgefüllte goldene Dasein einem
Gebetbuchsumschlage mit dem Titel — welche
Ironie! — „Oklieia. clokunatoruur" überreichen!
Sogar die Gattin von Merz, Charlotte Louise
geb. Gräfin von Sayn-Wittgenstein nahm silberne
Toilettegegcnstände und kostbares Goldgeschmeide
im Werte von zwischen 4000—6000 fl. Solche
Zustände hatten im Volke ungeheuren Unmut
und Entrüstung erregt und der neuen Regierung
alles Vertrauen genommen. Den interessantesten
 
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