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Schleswig-holsteinischer Kunstkalender — 1912

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Literarische Beiträge
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Krumm, Johannes: Schleswig-Holstein im Auge seiner Dichter, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.19991#0092
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Klelnfte ausgeführtes 6lld, als wenn er mit
dem Hlaler wetteifern wollte, fondern aus dem
gongen reiben öllde 6er £DlrPlld)Pelt nimmt er
nur die für die Grundftlmmung be3eldjnenden,
empßndungsfdjweren^üge. 3nStropbel3eld)-
net er den ßoden, In 2 die Pflogen-, In 3 die
{Tierwelt, In 4 und 5 begießt er die Hatur auf
den Htenfd)en: Der 6oden fdjon Ift eine Hlab-
nung des (todes, denn die fefte <Erde, die wir
fonft mit ßd)erem $uße treten, fdjwanPt unter
den ©abritten, und unter uns gähnt dos Ü)affer-
grab. Die Jloro des Hloores trägt die Jarbe
der t)ergänglld)Pelt, die broune des Herbftes,
die weiße des (Eodes. <EInfam Ift dos Htoor: nur
Scheue, Ungefe^lldje, üerPannte leben In
dlefer töeltferne, denn bjer ffö'rt ße niemand.
Stumm Ift das Hloor: man hört nld)t den eigenen
©abritt, nur das lelfe Kauften Im Sd)llf. SDelt
Ift dos Hloor: 6aum und Haus nur am ^orlgont,
fonft, fowelt das ^luge relaxt, die gleldje, öde
$läd)e. tDelt und ftlll, elnfam und unßdjer, un-
heimlich und tot Ift das Hloor, mit maglfd)er
Gewalt drängtesdle<Empßndung des Hlenfd)en
In dlefelbe ftld)tung: jsje2.
„$t)uU weet, wo lang be doer de §eid^
Hod) frlfd) un Eräffi gelt."

Öewundernswertlft die Kunft, mit der Klaus
Grotb fein 3lel erreicht bat. Das Gedicht bot
Im bödjffen Sinne Jorm, denn „$orm Ift Tlus-
drucP der HotwendlgPelt"; dos Gedicht Ift Im
böcbffen Sinne fd)ön, denn „Schönheit beffeht
In der ^lusfchaltung alles Uberßüßigen". Öles
f leine Gedicht erfüllt aud) die Ideale Forderung
Storms: „Jn feiner ÜMrPung foll das lyrlfche
Gedicht dem Hefer 3ugleld) eine Offenbarung
und (Erlöfung oder mlndeffens eine Genug-
tuung gewähren, die er (leb felbft nld)t bätte
geben Pönnen, fei es nun, daß es unfere fln-
fd)auung und (Empfindung In ungeahnter EDelfe
erweitert und In die (Liefe flirrt oder, was halb
bewußt In Duft und Dämmer In uns lag, In
überrafdjender Rlarbelt erfchelnen läßt." j&

©o 3U einer Inneren «Einheit find bler (Rbfeft
und SubjePt, Hatur und Hlenfdj 3ufammenge-
floffen, daß wir es oerffehen fönnen, wenn man
fid) den Dieter am llebften auf dem Hintergrund
dlefer durd) tt>n und aus Ihm lebendig gewor*
denen Handfcbaft oorftellt, wie die lange, oorn-
übergenelgte Geffalt mit dem träumerlfdjen, In
dos föelte gerichteten 6lld gegen>te finPende
Sonne longfam über das ftllleHloor blnfcbreltet.

Die Heide.
Dos Hloor Ift Klaus Grotbs Pünftlerlfdje
Domäne; aud) In dem eplfdjen Gedicht „Dat
ftaebnt Int Hloor" bot er denfelben (Eon mit
Kraft ongefd)lagen. ftuf anderen Gebieten der
belmlfd>en Handfcbaft muß er die Herrfdjaft

teilen, fo febon auf dem oerwandten Gebiet der
Heide. Die Heide Ift dem Hloore oerwandt, in
Hatur und Kunft find fie fdjwer ganj oon ein-
ander 3U trennen. Buch b»er töelte, Stille, <Eln*
fomPelt, der Gegenfa^ 3U den Hlenfcben und
Ibrer Kultur. J\u<f) die Heide Pann, befonders
wenn der Herbftnebel darüber braut, den <Eln-
drud des Unheimlichen machen. 3dj erinnere
an die In den wenigen Hlnlen plaftlfdje 5eld)-
nung, womit Hebbel den Stlmmungsblnter-
grund gibt für den düfteren üorgang feines
HeldePnaben:

Inaus aus der Stadt! Und da dehnt fie fid),
Die Heide, nebelnd, gefpenftlglid)!
Die HMnde darüber faufend -
Und alles fo ftlll und alles fo ftumm,

Hlan fiebt ßd) umfonft nad) lebendigem um,

Hur hungrige ttögel fd)leßen

f!us SüolPen, um töürmer 3u fpleßen.

Htan »erfleht den Seufaer des angfterfüllten
armen Knaben: ,,Ji<$), wär hjer ein Schritt
wie taufend", ^us einer foldjen Hßldeland-
fd)afl Pann aud) In der 3*»t des Vergebens der
GedanPe an das Getrennte, Verlorene, Ge^
ftorbene emporfteigen. ©torm bot ibn aus-
gefprod)en In feinem Ponjentrlerteften und
ftärPften lyrlfdjen Gedld)t:

%|ber die Heide ballet mein €d)rltt,
•♦^Dumpf aus der «Erde wandert es mit.

Herbft ift gePommen, Jrübllng Ift weit -
Gab es denn einmal fellge "$z\tl

trauende Hebel gelften umber,

6d)war3 Ift das Kraut und der Himmel fo leer.

tDär ld) biet nur nld)t gegangen Im HTal,
Heben und Hiebe, - wie flog es oorbel.

Heide, HIoor, Herbft find i)kt 3U Pünftlerl-
fd)er «Elnbelt sufammengeßoffen. <Es Ift die
Heide, aber Ibre leud)tende Hebensfarbe Ift
»erblaßt, ©le bat die Stimmung des Hloores;
denn t>ot>l dröbnt der Öoden unter dem ©djrltt,
und fd)war3 Ift das (TrauerPleld der He^e.
Hld)t mehr die ©ommerfonne oergoldet Ibre
6d)önbelt, fondern die dunPlen 6d)leler des
Herbftes oerbüllen Ibr <Elend. 6o drüdend,
fo gan3 lebens- und hoffnungslos Ift die Stim-
mung der Handfd)aft, daß fie dem 6d)lff-
brüd)lgen, der Hiebe und Heben oerloren hat,
auf feine Üer3welfiung antwortet.

ftber @torm deutet felbft daraufbin: <Es gab
eine 3elt wo die Heide ein anderes Gefidjt
hatte. Da lebte und lad)te aud) ße und war
eine Stätte, ein tölderhall des Glüdes, um
fo mehr, well es fid) hier oor dem freien jluge
der Hlenfd)en Derbergen Ponnte. Denn ftlll
und>lnfam Ift die Heide Immer, Inf Sommer
 
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