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Begründung und Entwickelung.

auf das gute Einvernehmen zwischen den verschiedenen Sportvereinen und dem Palmengarten
und Herr Stadtrat PfafF beschloss die Reihe der Toaste mit einem Danke der ihm gezollten
Anerkennung. Er erblicke in derselben seinen schönsten Lohn, müsse aber zugleich ein gut
Teil der ihm gewidmeten Ehrenbezeugungen den übrigen Verwaltungsratsbeamten zukommen
lassen. Nunmehr begann das von Herrn Adolf Stoltze verfasste Festspiel. Unser trefflicher
Strohecker belebte die Scene mit waschechtem Frankfurter Deutsch, in welchem er einer
fremden, von Fräulein Wendorf dargestellten Dame die Schönheiten der Vaterstadt erklärte,
als deren Perle er den Palmengarten bezeichnete. Schliesslich forderte er zu einem Rund-
gang durch das Palmenhaus auf, an welchem sich sämtliche Festteilnehmer beteiligten.
Hier unter der herrlichen Tropenkultur wurde uns ein wunderbarer Anblick zuteil. Wie
ein Sommernachtstraum erstand vor uns ein farbenprächtiges lebendiges Bild, wie der König
Mai seinen Einzug hält, gefolgt von seinen Trabanten, den Blumen, Schmetterlingen,
Bienen u. s. w. Es waren prächtige Scenen, die unter den einzelnen Baumgruppen von
Meisterhand gestellt waren. Ein Meer von Licht ergoss sich über die blühenden Mädchen,
die an Anmut mit den Kindern Floras wetteiferten. Wie wir hören, hat Herr Grün die
Entwickelung dieser Scenen mit fachmännischem Rate geleitet, während die Beleuchtungs-
effekte auf Rechnung des Herrn Inspektor Behrend zu setzen sind. Und nun spielten
draussen im Freien, wo König Mai auch bereits seinen siegreichen Einzug gehalten, die
Wasserkünste, die wohlgelungene fontaine lumineuse mit wirkungsvollem Farbenwechsel;
die Kapellen, die Gartenkapelle unter Gottlöber und die Husaren unter Hecht, die auch die
Tafelfreuden durch ihre munteren Weisen erhöht hatten, gaben ihr Bestes zu hören und
erst als die Mitternacht herabsank, trennten sich die letzten Festteilnehmer. — Der Sonntag
war sodann einem Volksfest in grossem Stil gewidmet. Bei herrlichstem Wetter begann
der Festtag mit einer Morgenmusik, welche bereits zahlreiches Publikum anzog; als aber
der Nachmittag herankam, begann eine Wallfahrt nach dem Palmengarten, wie sie vorher
noch kaum gesehen wurde. Bis mittag konnte lestgestellt werden, dass ungefähr
21000 Menschen Billets gelöst hatten. Das ganze Arrangement des Festes war aber auch
ein mustergiltiges. Vier Musikkapellen und die Frankfurter Sängervereinigung sowie Tiroler
Sänger sorgten für den nötigen Ohrenschmaus, und von zwei Uhr an bis um Mitternacht
herrschte eitel Freude und Frohsinn. Während man sich im Altgarten beim Promenaden-
konzert unterhielt, die Toilettenpracht der Damen musterte und sein bischen leibliche
Nahrung oft mit Lebensgefahr, stets aber mit gutem Humor erkämpfte, ging es im Neu-
garten so fidel zu, wie es eben nur bei einem Frankfurter Volksfeste möglich ist,
bei welchem sich Lebenslust und frisch-naive Vergnügungssucht in ungeschminktester
Form präsentieren. Dem Amusementsbedürfnis der Jugend aller Altersklassen standen die
verschiedensten Sportveranstaltungen zu Gebote, Radwettfahren und Wettlaufen, Schieb-
karrenfahren, Eselsrennen, Holzschuhlaufen wechselten mit einander ab und fanden, unter-
stützt durch recht hübsche Preise, zahlreiche Beteiligung. Der Schaulust entsprachen
Schauturnen und Marmorgruppen und nicht zum geringsten Teil das liebe Publikum selbst,
welches bei solchen Gelegenheiten für jeden, der zu sehen versteht, eine unerschöpfliche
Fundgrube interessanter Details bildet. Viel schöne Augen beeiferten sich in Gemeinschaft
mit zwei Karoussels dem dagegen nicht Gefeiten den Kopf zu verdrehen, Glückshäfen und
ein ominöser Fischbottich boten Chancen zum Gewinn, und die verschiedensten Arten von
Kletterbäumen machten es der Jugend leicht, ihre Gewandtheit in der Gymnastik zu doku-
mentieren. Das war ein buntes, tolles, lustiges Treiben und ganz besonders muss hier
konstatiert werden, dass sich die ungeheure Masse durcheinander bewegte, ohne dass es
irgendwie oder irgendwo zu einem Zwischenfalle, zu einer kleinen Reiberei oder gar zu
einem ernstlichen Unfälle gekommen wäre; auch die vielerlei Arten von Jugendspielen, bei
denen gar manchmal „etwas passiert“, verliefen in glatter Weise, dank der unermüdlichen
 
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