unerbittlich. Wenn aber die Dinge ihrem Wesen nach so ganz
von dem Schöpfer verschieden sind,1) so können sie auch nur
ein unvollkommenes Bild von ihm geben,2) analogisch auf
etwas ihnen Fernes, ja Heteronomes hinweisen. Von hier aus
wird der mittelalterliche Symbolismus doch erst verständlich:
Wesen und Bedeutung der Dinge lag jetzt nicht in dem, was
empirisch in ihnen erkennbar war; nur insofern das Sichtbare
einen Weg zum Unsichtbaren weist, verweilt bei ihm die nach-
denkende Betrachtung. Die Haselnuß — der süße Kern, die
Holzschale, die grüne Umhüllung: das ist Christus, durch das
Holz des Kreuzes den Sterblichen verbunden. So wird alle
Welterkenntnis der Scholastik „symbolische, analogische Got-
teserkenntnis“.3) Wie ist damit alles Sichtbare in das traum-
hafte Licht ewiger Ordnungen getaucht!4) Zugleich bestimmt
diese Metaphysik auch Wert und Vermögen des Menschen.
Als geistig-körperliches Wesen ist er in seinem Erkenntnis-
vermögen immer an die Sinnenwelt gebunden. War alles Sin-
nenhafte so mit dem Erkenntnisgrund verbunden wie im Alter-
tum, so fiel damit dem Menschen eine besondere Stellung im
Kosmos zu, das Prinzip der Schöpfung stellt sich in seinem
Geiste gleichsam noch einmal dar. Wenn aber jetzt den
Dingen nur eine so geringe, analogische Beziehung auf das
Göttliche eignet, so muß damit auch Wert und Bedeutung
der Seele, welche in ihrem Erkenntnisvermögen an die
Dinge gebunden ist, herabgemindert werden. Aufs Engste
1) Summa theologiae, I, 12, art. 12: „.... quod scilicet ipse non est
aliquid eodum quae ab eo causantur; et quod haec non removentur ab
eo propter eins defectum, sed quia superexcedit..
2) Vergl. I, 12, art. 2.
3) Vergl. v. Aster, Geschichte der Philosophie 1932 S. 142.
4) Vergl. Huizinga, Herbst des Mittelalters 3. Aufl. S. 309 f. „Der
Symbolismus war ein unzulänglicher Ausdruck für Zusammenhänge im
Kosmos, die sich als festes Wissen dem Geist aufdrängen, ohne sich in
logischen Worten ausdrücken zu lassen, Zusammenhänge, wie sie uns
manchmal beim Hören von Musik zum Bewußtsein kommen.“ „In dieser
Zurückführung aller Dinge auf das Allgemeine äußert sich die Eigen-
schaft, die unter dem Namen Typismus von Lamprecht als der charakte-
ristische Grundzug des mittelalterlichen Geistes hingestellt wurde''. S. 313
35
von dem Schöpfer verschieden sind,1) so können sie auch nur
ein unvollkommenes Bild von ihm geben,2) analogisch auf
etwas ihnen Fernes, ja Heteronomes hinweisen. Von hier aus
wird der mittelalterliche Symbolismus doch erst verständlich:
Wesen und Bedeutung der Dinge lag jetzt nicht in dem, was
empirisch in ihnen erkennbar war; nur insofern das Sichtbare
einen Weg zum Unsichtbaren weist, verweilt bei ihm die nach-
denkende Betrachtung. Die Haselnuß — der süße Kern, die
Holzschale, die grüne Umhüllung: das ist Christus, durch das
Holz des Kreuzes den Sterblichen verbunden. So wird alle
Welterkenntnis der Scholastik „symbolische, analogische Got-
teserkenntnis“.3) Wie ist damit alles Sichtbare in das traum-
hafte Licht ewiger Ordnungen getaucht!4) Zugleich bestimmt
diese Metaphysik auch Wert und Vermögen des Menschen.
Als geistig-körperliches Wesen ist er in seinem Erkenntnis-
vermögen immer an die Sinnenwelt gebunden. War alles Sin-
nenhafte so mit dem Erkenntnisgrund verbunden wie im Alter-
tum, so fiel damit dem Menschen eine besondere Stellung im
Kosmos zu, das Prinzip der Schöpfung stellt sich in seinem
Geiste gleichsam noch einmal dar. Wenn aber jetzt den
Dingen nur eine so geringe, analogische Beziehung auf das
Göttliche eignet, so muß damit auch Wert und Bedeutung
der Seele, welche in ihrem Erkenntnisvermögen an die
Dinge gebunden ist, herabgemindert werden. Aufs Engste
1) Summa theologiae, I, 12, art. 12: „.... quod scilicet ipse non est
aliquid eodum quae ab eo causantur; et quod haec non removentur ab
eo propter eins defectum, sed quia superexcedit..
2) Vergl. I, 12, art. 2.
3) Vergl. v. Aster, Geschichte der Philosophie 1932 S. 142.
4) Vergl. Huizinga, Herbst des Mittelalters 3. Aufl. S. 309 f. „Der
Symbolismus war ein unzulänglicher Ausdruck für Zusammenhänge im
Kosmos, die sich als festes Wissen dem Geist aufdrängen, ohne sich in
logischen Worten ausdrücken zu lassen, Zusammenhänge, wie sie uns
manchmal beim Hören von Musik zum Bewußtsein kommen.“ „In dieser
Zurückführung aller Dinge auf das Allgemeine äußert sich die Eigen-
schaft, die unter dem Namen Typismus von Lamprecht als der charakte-
ristische Grundzug des mittelalterlichen Geistes hingestellt wurde''. S. 313
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