Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Simson, Otto von
Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock besonders der Medicigalerie des P.P. Rubens — Leipzig, Strassburg, Zürich: Heitz & Co., 1936

DOI chapter:
1. Teil: Darstellung des Menschen bis zur Renaissance
DOI chapter:
2. Kapitel: Die Feier des Menschen in der Renaissance und die religiöse Bewußtwerdung des Individuums
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.63507#0057
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
2. Kapitel

Die Feier des Menschen in der Renaissance und die
religiöse Bewußtwerdung des Individuums.
Für die irdische Wirklichkeit des Menschen scheint der
mittelalterliche Kosmos keinen Platz übrig zu lassen. Noch
aus der griechischen Antike hatte er die ästhetisch-plastischen
Formen jener Metaphysik übernommen, die, zwischen Philo-
sophie und Religion schwebend, in ihrer Terminologie auch
Götter und Begriffe eigentümlich verschmolz. Indem das
griechische Christentum sich dann dem römischen Staatsge-
danken einfügt, entsteht auch die mittelalterliche Geistesord-
nung. Die philosophischen und religiösen Symbole erstarren
an einem festen Ort, in einer besonderen Funktion, die sie in
dem methaphysichen Imperium erfüllen. Sie werden dadurch
eigentümlich gegenständlich, ins Irdische eingreifend, ihre
Wirksamkeit ist durchaus spürbar. Die Genealogie dieser
geistigen Wesen ist doch noch immer zu erkennen: die Ge-
staltenwelt der griechischen Mythologie war schließlich — wie
wir sahen — in moralische Eigenschaften oder in Naturkräfte
umgewandelt worden, auch diese letzteren mit deutlicher Be-
ziehung auf den Menschen. Im Mittelalter verschwindet der
Mensch, indem die jenseitigen Gewalten in so dichter, fest um-
rissener Ordnung ins Leben hineinwirken. Dennoch sind diese
auf den Menschen gerichtet, um des Menschen Willen da —
freilich für die damalige Theologie gleichsam unbewußt.
Roger Bacons berühmtes Wort, daß jeder Punkt der Erde
die Pyramidenspitze unzähliger kosmischer Einwirkungen sei,
ist doch auch für das Wesen des mittelalterlichen Menschen

51
 
Annotationen