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Simson, Otto von
Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock besonders der Medicigalerie des P.P. Rubens — Leipzig, Strassburg, Zürich: Heitz & Co., 1936

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1. Teil: Darstellung des Menschen bis zur Renaissance
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1. Kapitel: Ueber das Bild des mittelalterlichen Menschen
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https://doi.org/10.11588/diglit.63507#0056
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länger getrennt, fast jede weltliche Handlung darf als Erfüllung
eines göttlichen Auftrages erscheinen. Nur durch die irdischen
Machtmittel kann dem Ewigen Herrschaft auf dieser Welt ver-
schafft werden. So ist endlich im Barock der Himmel zu einer
goldenen Folie für das weltliche Regiment geworden. In den
folgenden Abschnitten werden wir diese geistesgeschichtliche
Entwicklung an den Kunstwerken sich offenbaren sehen. Die
Darstellung des Menschen im Mittelalter war im weiteren
Sinne immer symbolisch oder allegorisch insofern, als sie, auf
ein Transzendentes hinweisend, dem menschlichen Wesen Be-
zug auf etwas gibt, das ihm nicht eingeboren ist, ja seinen An-
lagen widerspricht: allmählich aber tritt die Allegorie in den
Dienst des Menschen, seine Eigenschaften verkörpernd und
seine Handlungen in eine metaphysische Bedeutung verklärend.
Den entscheidenden Schritt freilich, die Eroberung des
Jenseits durch das Individuum, hat schon Dantes Zeitalter voll-
zogen. Aus jenen Grabmälern, die einem machtvollen Men-
schen die Gewißheit des Heils sichtbar zu gewährleisten schei-
nen, spricht derselbe Geist, aus dem in der Göttlichen Komödie
ein Mensch als Richter den großen Gestalten der Vergangen-
heit und Gegenwart ihre Plätze in Seligkeit und Verdammnis
zuweist: in dem eigenen Urteil, sich über die Meinung der Zeit
kühn hinwegsetzend.1) Die Kluft zwischen Mensch und Gott,
welche dem Mittelalter sein Wesen und seine Größe verliehen
hatte, ist damit überwunden.
’) Vergl. besonders Paradiso X, 87.

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