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Simson, Otto von
Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock besonders der Medicigalerie des P.P. Rubens — Leipzig, Strassburg, Zürich: Heitz & Co., 1936

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2. Teil: Der neue Mensch und die Symbolik der menschlichen Gestalt
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1. Kapitel: Metaphysische Stellung des Menschen seit der Reformation. - Wandlungen des Glaubens
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https://doi.org/10.11588/diglit.63507#0119
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1. Kapitel.

Methaphysische Stellung des Menschen seit der
Reformation. — Wandlungen des Glaubens.
In einem eigentümlichen Verhältnis stehen zueinander die
symbolischen Bildungen, innerhalb deren das geistige Dasein in
einem früheren Alter der Menschheit sich vollzieht, und Stellung,
Wert, welche der Mensch sich innerhalb der Schöpfung zuer-
kennt. Die symbolschöpfende Kraft — ebenso wie die mythen-
schöpfende, — meint die göttlichen Mächte in Gestalten wahr-
zunehmen. So belebt der Mensch überall die gestaltige Welt
aus seinem Geist und tritt damit in Furcht, Unterwürfigkeit,
Abhängigkeit, Verehrung zu den Bildungen seiner Seele. Sobald
aber der Mensch sich der Gewalt bewußt wird, welche ihm als
erkennendem Wesen im Kosmos zugemessen ist, mag er auch an
die Wirklichkeit jener symbolischen Bildungen nicht mehr glau-
ben. Er verachtet die sichtbare Welt; gerade in seinen er-
habensten Fähigkeiten, denen der Erkenntnis, weiß er sich
dem göttlichen Wesen jenseits aller Gestalten und Zeichen ver-
bunden. So wird die Verehrung Gottes, die Andacht der Seele
— aus welcher das höchste Gefühl menschlichen Wertes sich
entfaltet — zum Unsichtbaren sich bekennen, dem Schöpfer
erst im Unsichtbaren sich verbunden wissen. Mit welcher
Inbrunst hat — am Ende der letzten großen, gestaltengläubigen,
„symbolischen“ Religionsformen der Menschheit — die Mystik
des 14. Jahrhundert sich bemüht, das Wesen Gottes vorzustellen
als über jede bildliche Schau und gestaltliche Verkörperung
erhaben, der Nacht und dem Nichts näher als allen sichtbaren
Dingen.1) Auch wo seit dem Ende des Mittelalters symbolische
*) Wo die Scholastik die höhere Welt mit der irdischen noch durch
das geheimnisvolle Prinzip der Entsprechung verbunden hatte, begreift jene
jetzt das Sein Gottes in der wesenlosen Dunkelheit, darein ihre innere
Vorstellung sich flüchtet.

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