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Simson, Otto von
Zur Genealogie der weltlichen Apotheose im Barock besonders der Medicigalerie des P.P. Rubens — Leipzig, Strassburg, Zürich: Heitz & Co., 1936

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2. Teil: Der neue Mensch und die Symbolik der menschlichen Gestalt
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3. Kapitel: Entstehung der weltlichen Apotheose aus der Krise des Symbolismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.63507#0207
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cholischen Temperaments, nicht sicher ist,1) so wird sie doch
wahrscheinlich aus jener Bemerkung Peutingers, in seiner Mit-
teilung über die Herkulesmünze und damit im Zusammenhang
über das Lebensschicksal des bewunderten Helden und habs-
burgischen Ahnherrn,2) Herkules gehöre dank seiner melancho-
lischen Natur zu den Männern, die sich gleicherweise als Herr-
scher und Dichter, als Philosophen und Künstler auszeichnen. Die
eingehende Deutung des Stiches würde von unserem Wege ab-
führen. Jedermann wird es aber sogleich empfinden, daß die
einfache Ausdruckskraft der herrlichen Allegorie durch die
Ausführlichkeit gestört wird, mit der obendrein noch ihre Eigen-
schaften nebeneinander aufgezählt sind. Die sozusagen ver-
hohlene, mittelbare Beziehung auf den Kaiser entspräche nicht
nur dem Geschmack an gelehrter Rätselkunst in seiner huma-
nistischen Umgebung, sondern auch in einem allgemeineren
Sinne dem Geist der Zeit: man empfand schon die Macht der
Persönlichkeit, die kosmische Unbeirrbarkeit des besonderen
Schicksals, — aber man vermochte dies Wesen nicht anders
denn in den alten Symbolen für das Abhängigkeitsgefühl des
Menschen anzudeuten.3) „Jedesmal wenn eine Kultur abstirbt
und eine neue entstehen will (sagt Dilthey) erblaßt die Begriffs-
welt die aus der älteren hervorgegangen ist und löst sich auf.
Das Erlebnis . . emanzipiert sich gleichsam eine Zeit hindurch
von den Fesseln begrifflichen Denkens: für sich wird es eine
Macht über die Gemüter. Hiervon ist dann die Folge eine ganz
neue Schätzung von Kunst und Dichtung als des unmittelbaren
Ausdrucks dessen, was die Zeit bewegt.“4)
Gerade auf dem Gebiet der künstlerischen Ikonographie,
welches wir betrachten, der weltlichen Apotheose, hat die Krise
des symbolischen Empfindens noch bis ins 17. Jahrhundert hin-

’) Giehlow, Dürers Meloncolia., Mittig, d. Ges. f. vervielf. Kst., Wien
Jhrg. XXVI, 1903, Nr. 2, Jhrg. XXVII 1904, 1, 2 und 4; dazu Panofsky-
Saxl, Dürers M. a. a. O.
2) Vergl. oben.
3) Wie astrologische Vorstellungen ja auch das Weltbild des mo-
dernen Menschen überall erfüllten.
4) a. a. O. S. 437.

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