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Vorrede zur erßen Auflage.

Auch die Wisfenschast liebt zuweilen zu träumen und begehrt von
Zeit zu Zeit die Hilfe der befreundeten Phantasie sür die Bilder, in
ivelchen fie die von ihr geahnte Welt schildert oder mit lockenden Zügen
die eigene wünschenswerthe Geßalt zeichnet. Grofsartige Träume der
Naturwijfenfchast ergänzen die wache Erkenntnifs und gewähren frei-
gebig, was diefe vielfach verfagt. Sie lasfen in unendliche Tiesen der
gefchassenen Welt blicken und erzählen uns von dem Grunde der Dinge,
und dem Ziele des Daseins. Einen fo kühnen Aufschwung wagt die
hißorische Phantasie nicht. Seitdem Naturforscher mit Vorliebe philo-
sophiren, werben Hißoriker desso eifriger um den Ruhm exacter Forschung.
Doch verzichtet die hifiorische Wissenschast defshalb nicht vollfländig auf
das Entwerfen von Phantasiebildern: nur wählt fie zum Gegenslande
derfelben ihr eigenes ideales Wefen. Sie träumt von künstigen Zeiten, in
welchen alle Mühsal erwägender kritischer Forschung beendigt, jeder
wichtige Zweisel gelöss, jede Ungewifsheit über das vergangene Leben
gehoben fein wird. Die Erzählung umkleidet dann ein reizender naiver
Schein, die Ereignisse werden einsach, klar und durchsichtig, so wie sich
dieseiben entwickelt haben mufsen, geschildert, die ganze Wahrheit, von
keinen kritifchen Grübeleien beiaßet, lebendig, in verklärter Form, mit
dramatischer Wirkung ausgesprochen. Diefes Ideal der Geschichtsschreibung,
ihren Ansängen nicht unähnlich, nur dass jetzt mit künßlerifchen Mitteln
erreicht wird, was damals in unmittelbar naiver Weise geschah, sseht
noch in weiter Ferne. Die richtige Fessssellung des Inhaltes, die kritische
Forfchung nehmen gegenwärtig die Kräste des Hissorikers vorwiegend in
Anspruch. Auch in diefer Schrist musste kritischen Erörterungen noch
ein weiter Raum gegönnt werden, in der ftillen Hoffnung, dass sie
zvenigstens in einzelnen Fällen zu einer sicheren Entscheidung sührten
und späteren Schristssellern ihre Wiederholung erspart bleibt.
 
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